Bilderbücher
Moeyart, Bart
Wo ist Mia?
Ravensburg: Maier 1994
64 Seiten
Die schüchterne Laura beobachtet am zugefrorenen See eine geheimnisvolle Frau mit einem roten Hut. Sie sitzt schon lange da und blickt starr in die Ferne. „Soll Laura fragen, ob sie sich nicht wohl fühlt? […] In einiger Entfernung bleibt Laura stehen“ (S. 8). Plötzlich fängt die Frau leise an, vor sich hin zu singen: „Mia Frey schwimmt in dem See. Ach Mia, Dumme, lass das sein. Mia Frey trinkt aus dem See. Sie kommt nie, nie mehr heim“ (S.11).
Der Gesang ist schön und traurig zu gleich, sodass sich in Laura ein mulmiges Gefühl breitmacht. Das Mädchen versucht, es zu ignorieren und eine einfache Erklärung dafür zu finden. Sie möchte die traurige Frau trösten und sucht nach den passenden Worten. Die Frau mit dem roten Hut steht mit einem Ruck auf und schreitet eilig davon.
Das seltsame Gefühl in Laura wird stärker. Obwohl Lauras Schwester ihr erklärt, dass die Frau mit dem roten Hut verrückt sei, geht ihr diese Frau nicht mehr aus dem Kopf. Die Frage nach Mia setzt ihr zunehmend zu und macht sie sehr traurig.
Durch einen Zufall trifft Laura die Frau auf dem Friedhof wieder. Sie nimmt all ihren Mut zusammen und geht zu ihr. „Doch dann schafft sie es nicht mehr. Sie setzt sich auf die Bank und fängt an, leise zu weinen“ (S. 49). Wird sich das Rätsel auflösen?
Der Erstlesetext ist durchaus anspruchsvoll, doch das geheimnisvolle Rätsel um Mia wird die Kleinen schnell fesseln. Das Kinderbuch handelt vom Leben, vom Alleinsein und vom Glücklichwerden. Unterstützt wird die gefühlvolle Lektüre mit den Schwarz-Weiß-Illustrationen von Annemie Heymans. Zudem versteht es der Autor, die Leserinnen und Leser in kurzen Sätzen ‚mitzunehmen‘. Er beschreibt prägnant und eindrücklich, was in Laura vorgeht, welche noch nicht gekannten Gefühle und Gedanken sich in ihr ausbreiten. Einfühlsam spannt er ein Geflecht aus Tatsachen, Gefühlen und einer Lösung, mit der Laura und die Frau mit dem roten Hut leben können.
Stefanie Dämmig und Gudrun Mohr
De Beer, Hans
Kleiner Eisbär – Lass mich nicht allein, Lars!
Verlag: NordSüd Verlag
32 Seiten
ab 4 Jahren
„Kleiner Eisbär – Lass mich nicht allein, Lars!“ von dem niederländischen Autor und Illustrator Hans de Beer erzählt eine Geschichte über Freundschaft zwischen einem Eisbären und einem kleinen Schlittenhund.
Lars, der kleine Eisbär, lernt einen kleinen Schlittenhund namens Nanuk kennen, der auf der Suche nach seiner Mutter ist. Obwohl beide zu Beginn keine Freunde sind, hilft ihm Lars. Doch dafür müssen beide in die Menschenstadt am Meer und das, obwohl Lars von seinem Vater gewarnt wurde, dass Menschen gefährlich sind. Auf dem Weg zu Nanuks Mutter erleben die beiden Freunde viele kleine Abenteuer, die die beiden zusammenschweißt.
Dieses Buch greift das Thema Freundschaft auf. Trotz des schwierigen Anfangs und den unterschiedlichen Fähigkeiten, die beide besitzen, ergänzen sie sich und kommen gemeinsam an das Ziel. Durch das Abenteuer entsteht zwischen Lars und Nanuk eine tiefe Freundschaft.
Weil der kleine Eisbär und der kleine Schlittenhund in der Geschichte personifiziert werden (rudern, sprechen), können sich die Kinder mit den tierischen Figuren identifizieren. Dadurch können sie das Thema Freundschaft auf ihre Lebenswelt übertragen. Sie lernen, dass man sich zu Beginn nicht verstehen muss, damit sich eine gute Freundschaft entwickeln kann.
Unterstützt wird das Kinderbuch durch zahlreiche Bilder, die von dem Autor selbst illustriert worden sind. Außerdem benutzt Hans de Beer eine kindgerechte Sprache, die Leser*innen mitreißt.
Eva Dogan, Sara Nipcon und Pia Scherwitz
Bildquelle: https://nord-sued.com/programm/kleiner-eisbaer-lass-mich-nicht-allein-lars/
Nordqvist, Sven
Wie Findus zu Pettersson kam
Hamburg: Friedrich Oetinger 2002
26 Seiten
ab 4 Jahren
In dem Buch „Wie Findus zu Pettersson kam“ vom schwedischen Autor und Illustrator Sven Nordqvist geht es um das freundschaftliche Zusammenleben von Pettersson und seinem kleinen Kater Findus. Die Geschichte beginnt damit, dass Findus von Pettersson erzählt bekommen möchte, wie er zu Pettersson gekommen ist. Alles fängt damit an, dass der alte Pettersson einsam mit ein paar Hühnern auf einem kleinen Hof lebt, bis ihm seine Nachbarin einen kleinen Kater schenkt. Pettersson zeigt dem kleinen Findus seine Welt und die beiden wachsen immer mehr zusammen. Eines Nachts begibt sich Findus auf eine Entdeckungsreise durch Haus und Garten. Als Pettersson am nächsten Morgen aufwacht und Findus verschwunden ist, macht er sich voller Sorge sofort auf die Suche.
Die Geschichte greift die Themen Einsamkeit, Freundschaft und Herkunft auf, die Kindern auch in ihrer eigenen Lebenswelt begegnen. So wie Findus beschäftigen sich auch Kinder ab einem gewissen Alter mit ihrer Vergangenheit und ihrer Herkunft, was dazu führt, dass sie sich mit der Geschichte identifizieren können: Durch die Personifikation des Katers Findus kann dieser Prozess zusätzlich unterstützt werden. Die Erzählweise ermöglicht, dass die Leser*innen in die Geschichte involviert werden und beispielsweise bei der Suche nach Findus mitfiebern.
Laura Dörflinger und Veronika Traub
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/wie-findus-zu-pettersson-kam/9783789169168
Pressler, Mirjam
Jessi - Drei Dackel bringen Glück
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH 1988
63 Seiten
ab 6 Jahren
Was für ein Glückstag: Die Grundschülerin Jessi sieht eines Morgens drei Dackel hintereinander! Der anfangs normale Tag wird für sie zu einem Glückstag, an dem sie drei Wünsche – wie in einem Märchen – frei hat. Jessi will ihr Glück für ihre Familie und Freunde einsetzen. Fest überzeugt von ihrem Glück trifft sie Entscheidungen, die sie im Verlauf der Geschichte noch an ihrem Glück zweifeln lassen.
Die 1940 in Darmstadt geborene Autorin Mirjam Pressler schreibt in diesem Roman von einem vermeintlichen Glückstag, den viele Menschen – und speziell Kinder –aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse schonmal erlebt haben. Inhaltlich ist die Geschichte leicht zugänglich, hat aber dennoch einen herausfordernden Tiefgang, da am Ende nicht alles nach Jessis Vorstellungen verläuft.
Die schwarzweißen Illustrationen, die von Gitte Spee gezeichnet wurden, sind sehr kindgerecht und ästhetisch ansprechend gestaltet. Der hohe Umfang an Illustrationen kann den Übergang vom Bilderbuch zum illustrationsfreien Buch unterstützen.
Ulrich Remke und Lia Scholl
Kling, Marc-Uwe/Henn, Astrid
Das NEINhorn
Hamburg: Carlsen Verlag 2019
48 Seiten
ab 3 Jahren
Im Land der Träume, in dem Feen und Gnome wohnen und Blumen so groß wie Bäume sind, wurde ein Einhorn geboren. Dieses Einhorn war nicht wie die anderen Einhörner, denn es mochte sich nicht waschen, mochte nicht essen, mochte nicht zur Schule gehen und mochte nicht einmal vom gezuckerten Glücksklee speisen. Das Einzige, das es immer tat, war auf Bitten und Fragen mit „NEIN!“ zu antworten. Daher wurde es von den anderen Einhörnern nur noch NEINhorn gerufen.
Das Bilderbuch „Das NEINhorn“, geschrieben von dem Autor Marc-Uwe Kling und illustriert von Astrid Henn, erzählt von einem widerspenstigen Einhorn und seinen Freunden, die es auf seinem Weg nach Nirgends kennenlernt. Seine Freunde haben es ebenso wie das Einhorn satt, dauernd froh und glücklich zu sein. Der schlecht hörende Waschbär, der Hund, dem alles egal ist, die Prinzessin, die ständig auf ihrer Meinung beharrt und das Einhorn, das ständig „Nein“ sagt, machen diese einmalige Freundschaft zu etwas Besonderem.
Der spielerische Wortwitz Klings und die Illustrationen von Henn machen „Das NEINhorn“ zu einem Bilderbuch für wortakrobatische Kinder. Eine Geschichte mit Wortspielen der besonderen Art, die dazu einlädt, sich selbst auf die Suche nach einem EGAaL, einer HEULe, oder auch einem sich stets ekelnden IHHHgel zu machen.
Nora Herrmann und Niklas Nutto
Bildquelle: https://www.carlsen.de/download/elvis/original/5437
Kuhlmann, Torben
Edison - Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes
Zürich: NordSüd Verlag 2018
112 Seiten
ab 5 Jahren
Alles beginnt in einer Mäuseuniversität: eine Freundschaft und ein Abenteuer. Der junge Mäuserich Pete sucht den alten, weisen Mäuseprofessor wegen einer geheimnisvollen Notiz seines Vorfahren auf. Es handelt sich um einen Hinweis zu einem Schatz, der die beiden in die bedrohliche, dunkle Meereswelt – auf den Meeresgrund der Tiefsee – führt. Sie stoßen auf viele Hindernisse, geben aber niemals auf! Als Erstes müssen sie viele Fragen beantworten: Wo genau liegt der unbekannte Schatz? Wie kommen die beiden Mäusefreunde dort hin? Wie bekommen Pete und der Professor unter Wasser Luft? Werden die beiden Mäusefreunde – ein Professor der Wissenschaft und ein junger Mäuserich, der das Verschwinden seines Vorfahrens mithilfe des Schatzes aufklären möchte – den mysteriösen Schatz finden können?
Torben Kuhlmann unterstützt die Erzählung mit Illustrationen, die die Lesenden in eine andere Welt eintauchen lassen. Die menschlichen Errungenschaften werden kindgerecht dargeboten, wodurch u. a. eine historische Perspektive eröffnet wird.
Das Buch wird ab 5 Jahren empfohlen, kann aber auf Grund der kreativen Gestaltung sowohl sprachlich als auch bildlich bis ins hohe Alter mit Neugier und Freude gelesen und vorgelesen werden.
Isabel Goller und Janika-Chiara Schwalm
Bildquelle: https://nord-sued.com/?s=edison&submit=
Kordon, Klaus
Die Reise zur Wunderinsel
Weinheim: Beltz & Gelberg 1983
222 Seiten
ab 8 Jahren
Mit den Worten „Es war einmal …“ beginnt Klaus Kordon seinen abenteuerlichen Roman über die Reise der Familie Pitt. Die märchenhafte Erzählung der Abenteuer beruhe auf einer wahren Begebenheit, was durch den Untertitel „Eine fast wahre Geschichte“ und direkt zu Beginn der Erzählung suggeriert wird. Dies fordert das Fiktionalitätsbewusstsein der Leser*innen heraus, denn es soll darüber nachgedacht werden, welche Teile der Geschichte nun wahr sind und wie wenig dies doch von Bedeutung ist, je länger man die Reise der Figur Silke verfolgt.
Das Kinder- und Jugendbuch handelt von den Eltern Pitt und ihrer neunjährigen Tochter Silke – eine durchschnittliche Familie, die am Rande eines Industriegebiets wohnt und sich eines Tages einem schlimmen Schicksal stellen muss. Silke ist sterbenskrank. Nachdem ihr Arzt keine Hoffnung auf Heilung sieht, beschließen Silkes Eltern, ihr ihren größten und letzten Wunsch zu erfüllen. Und mit genau diesem Wunsch beginnt das Abenteuer der Familie Pitt.
Nachdem die Eltern all ihre Möglichkeiten ausschöpfen und sogar ihr Haus dafür verkaufen, geht es also los: von Deutschland nach Athen, von dort aus schließlich per Segelboot in die Südsee. Mit klarem Plan setzt das Schiff die Segel, doch was nützen Pläne, wenn die Welt so unberechenbar ist? Das muss auch die Familie Pitt feststellen und wagt sich durch neue Freundschaften und Familienmitglieder auch in Stürme und fremde Länder und erkennt ganz nebenbei die Schönheit der Natur wieder. Von typischem Segeljargon, über den Umgang mit einer vermeintlich unheilbaren Krankheit, bis hin zu einem Naturerlebnis der Extraklasse, lässt Kordon nichts aus und zieht uns so in seinen Bann. Die Erzählung endet unerwartet in einem Wunder, von dem keiner zu träumen gewagt hätte.
Eine Geschichte, die nicht an Aktualität verliert, Themen wie Krankheit, Tod und Umweltbelastung kindgerecht behandelt und bei der die Hoffnung auf ein gutes Ende nie verloren geht.
Ronja Henschel, Paula Janouschek und Fabienne Müller
Bildquelle: https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/products/9783407741059.jpg
Nuppeney, Burkhard
Prinzessin Lillifee
Münster: Coppenrath Verlag 2004
ab 3 Jahren
Der Autor Burkhard Nuppeney und die Illustratorin Monika Finsterbusch nehmen die Leser*innen mit auf eine Reise in eine Märchenwelt voller Freundschaft und Zusammenhalt.
Die kleine Prinzessin Lillifee lebt in einem Blütenschloss mit einem wunderschönen Garten. Den ganzen Tag über kümmert sie sich um die Tiere und Pflanzen, die dort leben, denn sie will eine gute Fee sein. Eines Tages bekommt Lillifee eine Einladung zu ihrem ersten Feenball, die sie aber vor lauter Hilfsbereitschaft vergisst. Einen Tag vor dem Ball fällt ihr ein, dass sie noch gar nichts anzuziehen hat. Als sie in ihrem Schloss nichts Passendes findet, helfen ihre Freunde, ihr ein Ballkleid zu nähen. So kann Lillifee doch noch überglücklich auf ihren ersten Feenball gehen.
Dieses Buch greift das Thema Freundschaft auf. Lillifee, die all ihren Freunden immer altruistisch zur Seite steht, bekommt von ihnen im Gegenzug ein Kleid genäht. Das Narration vermittelt, dass Freundschaft bedeutet, immer füreinander da zu sein und nicht egoistisch zu handeln. Außerdem wird aufgezeigt, dass eine Prinzessin sich z. B. nicht über Reichtum definiert, sondern durch positive Handlungen gegenüber ihren Mitmenschen. Weil Prinzessin Lillifee und ihre tierischen Freunde in der Geschichte personifiziert werden, bieten die Figuren den Leser*innen ein Identifikationspotenzial.
Teresa Grathwohl, Svenja Lanz und Simona Schlenk
Haentjes, Dorothee/Waechter, Philip
Schaf ahoi
Weinheim: Beltz & Gelberg 2010
32 Seiten
ab 3 Jahren
Die Bilderbuchgeschichte „Schaf ahoi“ spielt auf einer beschaulichen kleinen Nordseeinsel, auf der es nur einen einzigen Bauernhof mit der Schafherde von Bauer Ole gibt. Dort lebt das kleine Schaf Berthold. Da Berthold keine Geschwister hat, ist seine Mutter stets sehr besorgt um ihn und legt großen Wert darauf, dass er vieles lernt. Die lautstarken Rufe seiner Mutter sowie seine strebsame Art tragen nicht gerade zu seiner Beliebtheit bei den anderen Jungschafen bei und schnell wird er als Muttersöhnchen abgestempelt. Als die anderen Schafe ein geheimes, nächtliches Abenteuer planen, ist schnell klar, dass Berthold dafür einfach nicht cool genug ist. Seinen Warnungen vor dem gefährlichen Watt und der zurückkehrenden Flut zum Trotz machen sich die anderen Jungschafe in der Nacht auf den Weg über das Watt zum Festland. Berthold ahnt, was passieren wird und macht sich mit Bauer Oles Kahn auf den Weg zum Festland, wo die anderen schon verzweifelt der Flut entgegenblicken. Plötzlich verwandelt sich der einstige Außenseiter zum Retter in der Not! Sein Wissen ermöglicht es Berthold, den Kahn sicher zurück zur Insel zu lenken.
Die Beschreibung der kleinen Nordseeinsel mit einem Bild von grünen Wiesen, Watt, Schafen und Oles Bauernhof lassen die Leser*innen in die beschauliche Schafswelt eintauchen. Schon kleine Kinder können sich in Bertholds Lage und seine Gefühlswelt hineinversetzen, wenn er von den anderen Jungschafen abschätzig als Streber bezeichnet wird. Die Dialoge in wörtlicher Rede lassen die Handlung lebendig wirken. Vor allem in der Situation, als Berthold von der nächtlichen Abenteuerplanung ausgeschlossen wird, empfindet man Mitgefühl mit dem Außenseiter, der die verletzenden Kommentare doch eigentlich gar nicht verdient hat. In dem Moment, als Berthold durch sein mutiges Handeln die anderen Jungschafe rettet, wird deutlich, wie viel Potential in einem kleinen, vorher noch belächelten, Schaf stecken kann. Ohne zu belehren, wird gezeigt, wie wichtig Wissen und Mut sind, und wie ungerecht und folgenreich Ausgrenzung sein kann.
„Schaf ahoi“ erzählt auf einfühlsame Art und Weise vom Leben eines Außenseiters. Das Bilderbuch beschreibt den inneren Zwiespalt eines Außenseiters zwischen der Angst nicht „cool“ genug zu sein, seinem eigenen Wissen und dem Mut, über den eigenen Schatten zu springen. Hierbei wird gezeigt, was es bedeuten kann, ausgeschlossen zu werden und wie wichtig Gemeinschaft und Zusammenhalt sind. Für Kinder im Kindergartenalter und Leseanfänger eignet sich das Bilderbuch u. a. als Vorlesegeschichte und bietet durch die detailreich gestalteten Illustrationen Raum für vielseitige Anschlussgespräche.
Anna Binzler, Tim Dzialosynski und Verena Westhäußer
Bildquelle: https://www.beltz.de/kinder_jugendbuch/produkte/produkt_produktdetails/5710-schaf_ahoi.html
Adrian, Christine/Kunstreich, Pieter
Die Reise mit den Störchen
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 1984
31 Seiten
ab 5 Jahren
In diesem Sachbilderbuch wird von einer Storchenfamilie, ihrer Lebensweise und ihrer Reise nach Afrika erzählt. Die Reise startet in Deutschland, wo die Storchenfamilie ihre Jungen zur Welt bringt und bestimmte Ringe erhält, die es den Menschen ermöglichen, den Aufenthaltsort der Störche nachzuvollziehen. Sie reisen drei Monate und über 10000 Kilometer nach Afrika zum Überwintern und anschließend zurück nach Deutschland. Dabei sind sie verschiedenen Schwierigkeiten wie der Nahrungssuche oder dem Überqueren des Meers ausgesetzt.
In der Verknüpfung der Geschichte über die Storchenfamilie mit den Sachinformationen gelingt es der Autorin Christine Adrian, kindgerecht Wissen zu vermitteln. Die Illustrationen von Pieter Kunstreich sind passend zum Text gestaltet, was auch den Kindern, die die teilweise langen Textstellen noch nicht lesen können, ein Verstehen ermöglicht. Die realistisch gehaltenen Bilder korrespondieren mit dem sachlichen Sprachstil und unterstützen den Prozess des Text- bzw. Bildverstehens.
Das Buch über in Deutschland heimische Störche ist wegen dieses Lebensweltbezugs, der symmetrischen Text-Bild-Interdependenz und der zahlreichen Sachinformationen für Kinder im Vorschulalter und für die Grundschule geeignet.
Tabea Apprich, Serafina Gloger und Theresa Schlumpp
Finsterbusch, Monika
Prinzessin Lillifee, die kleine Ballerina
Münster: Coppenrath Verlag 2007
32 Seiten
ab 3 Jahren
Prinzessin Lillifee und ihre Freunde wollen bei einem Tanzwettbewerb im Feenreich mitmachen. Dies gestaltet sich jedoch schwieriger, als die Freunde ursprünglich gedacht haben. Wer soll ihnen nur das Tanzen beibringen? Prinzessin Lillifee hat die geniale Idee, eine Tanzlehrerin bei den Blumenelfen zu suchen, denn diese sind die besten Tänzerinnen im ganzen Land. Anfänglich läuft beim Wettbewerb alles gut, doch auf einmal vergisst Lillifee die Tanzschritte, was nun? Haben Lillifee und ihre Freunde überhaupt noch eine Chance auf den Sieg?
Diese Ausgabe der Lillifee-Bücher widmet sich dem Thema Ballett. Eine nennenswerte Rolle spielt außerdem die Bedeutung von Freundschaft. Die Geschichte zeigt, dass es immer wieder Momente im Leben geben wird, in denen man die Unterstützung seiner Freund*innen nicht missen möchte.
Die Geschichte wird von großflächigen und verspielten Illustrationen begleitet, die sich vermehrt über beide Buchseiten strecken. Durch helle und freundliche Farben sowie durch glitzernde Elemente wird der Inhalt des Textes visuell unterstützt und erweitert. Der Text auf den einzelnen Seiten ist kurz gehalten, daher eignet sich das Buch als Vorlesebuch für Kinder ab 3 Jahren und für Leseeinsteiger*innen.
Lisa Huber und Kira Lauinger
Bildquelle: https://www.spiegelburg-shop.de/prinzessin-lillifee-die-kleine-ballerina/63715
Stark, Ulf/Höglund, Anna
Kleiner Teufel Asmodeus
Hamburg: Carlsen 2000
46 Seiten
ab 6 Jahren
In einer Welt, welche unterhalb der Erde existiert, in der keine Sonne zu sehen ist und andere Regeln herrschen – auch „Hölle“ genannt –, lebt der kleine Teufel Asmodeus. Asmodeus ist anders als die anderen Teufelskinder; während diese sich raufen und zanken, sitzt er nur ruhig daneben. Er ist nie ungezogen oder zornig: Verhält sich so ein richtiger Teufel? Asmodeus Vater stellt ihn deshalb vor eine Aufgabe, bei der er beweisen soll, dass auch er ein echtes Teufelskind ist. Asmodeus wird hinauf auf die abscheulich riechende Erde, zu den sauberen und ekligen Menschen geschickt. Er soll dort einen Menschen verleiten, ihm seine Seele zu schenken. Bei dieser Aufgabe muss er einige Hürden überwinden. Er hat den Einfall, sein Anliegen hinter einem Angebot zu verstecken, bei welchem er derjenigen Person einen Wunsch erfüllen wird, wenn sie mit ihm kommt. Als er dem Glauben zu verfallen scheint, schon gescheitert zu sein, trifft er auf ein junges trauriges Mädchen, das auf das Angebot eingeht. Da das Mädchen keinen selbstsüchtigen Wunsch äußert, wendet er sich gegen das ursprüngliche Vorhaben des Vaters.
In seinem Kinderbuch zeigt Ulf Stark eine Teufelsfamilie mit ihren Herausforderungen. Durch seinen empathischen Schreibstil gestaltet er eine mitreißende und spannende Phantasiegeschichte. In meist kurzen Sätzen schildert der Autor die Welt tief unter der Erde und zeigt den Gegensatz zu dieser auf. Die Stimmung des Kinderbuches wird durch die teils düsteren Illustrationen von Anna Höglund unterstützt.
Ulf Stark kreiert ein Kinderbuch, das die Fantasie der Leser*innen erweitern kann und trotz der klischeehaft dargestellten Unterwelt dennoch das Gute betont.
Kathrin Reich und Selina Weber
Schuld, Kerstin M.
Pommes und Majo – Gemeinsam sind wir rattenstark!
Münster: Coppenrath Verlag 2008
34 Seiten
3 - 6 Jahre
In dem im Jahr 2008 veröffentlichten Buch „Pommes und Majo“, erzählt von Kerstin M. Schuld, tauchen die Leser:innen in die Welt dreier befreundeter Ratten ein – Pommes, Majo und Mozzarella. An ihrem Schlemmertag entdecken sie auf der Straße ein für sie außergewöhnliches, glitzerndes Objekt, von dem sogar auch die kleine Maus Gouda angelockt wird. Die Neugierde verbindet die sich sonst sich voneinander abgrenzenden Tiere miteinander. Als das Objekt auf einmal sogar musikalische Töne von sich gibt, ist für die drei Ratten klar: „Musik machen möchten wir auch – in einer Rattenband!“ Gemeinsam versuchen sie auf einem Casting eine Ratte für den Gesang zu engagieren. Doch da bewirbt sich auch die kleine Maus Gouda mit ihrem wunderschönen Gesang und stellt damit die Ratten vor eine große Frage …
In der spannenden Erzählung über die Realisierung der gemeinsamen Vision einer Rattenbande wird die Freundschaft und die Unterschiedlichkeit der drei Charaktere Pommes, Majo und Mozzarella auf eine spielerische Weise deutlich. Die mutige Majo bringt ihre Ideen ungeniert ein und bricht damit Konventionen. Der gelassene Pommes ist schwer zu überstimmen und ist von seinen eigenen Vorstellungen überzeugt, wohingegen Mozzarella mit ihrer etwas tollpatschigen und wuseligen Art die Erzählung auf angenehme Weise auflockert. Somit können Kinder in dieser Geschichte gemeinsam mit den Ratten, und nicht zuletzt auch mit der Maus, in die vielfältigen Facetten von Beziehungen eintauchen.
Geschildert wird die Geschichte aus auktorialer Perspektive, wodurch den Kindern ein vollumfänglicher Einblick in die Erzählung ermöglicht wird. Die hohen Anteile wörtlicher Rede und die kindgerechte Sprache bewirken eine unmittelbare Involviertheit in das Geschehen. Diese sinnliche Spracherfahrung wird auf visueller Ebene ergänzt: Als Illustratorin kreiert Kerstin M. Schuld durch ihre zahlreichen, wunderschönen Bilder lebhafte Vorstellungen, die den Betrachter:innen vielfältige Einblicke in die Geschichte geben.
Über die geschriebene Erzählung hinaus wird ein vertiefendes Nachdenken und Reflektieren über die angesprochenen Inhalte ermöglicht. So öffnet sich den Kindern hierbei eine Tür, um ausführlich über Fiktion und Wirklichkeit nachzudenken. Denn die geschilderten Dynamiken innerhalb der Rattenbande und zwischen der Bande und den Mäusen bieten eine Möglichkeit, diese auf das eigene Leben zu transferieren. In Situationen einer Anschlusskommunikation können Kinder somit unter anderem verstehen, dass unterschiedliche Herkünfte keine Barriere für zwischenmenschliche Beziehungen darstellen. Vielmehr können eben diese Unterschiede eine große Bereicherung darstellen und dazu ermuntern, den Blick auf das Wesentliche zu richten: die gemeinsamen Leidenschaften, die einander emotional verbinden. Durch diesen Perspektivwechsel werden negativ behaftete Konventionen und Vorurteile überschritten und es kann erkannt werden, dass jedes Individuum kostbare, eigene Charakterzüge und Stärken hat – ganz egal ob Ratte, Maus oder Mensch.
Durch die kindgerechte Sprache und die sehr ansprechenden Illustrationen eignet sich das Buch sehr gut für Kinder in der angegebenen Altersspanne und ermöglicht auch bei wiederholtem Lesen und Betrachten vielfältige Entdeckungen.
Viktoria Bock, Timea Lander und Vanessa Maie
Opel-Götz, Susann
Ab heute sind wir cool
Hamburg: Oetinger 2007
32 Seiten
ab 5 Jahre
Was machen Jungs überhaupt, wenn sie cool sind? Na, das weiß doch jeder! Coole Jungs wie Leo und Mug tragen dunkle Sonnenbrillen, reden anders, haben besondere Freude und benehmen sich ganz schlecht. Doch was machen Coole eigentlich, wenn sie mit Würgespinnen im Zimmer nicht schlafen können oder ihnen von Cola schlecht wird? Hmm. Ist Coolsein vielleicht doch ganz schön anstrengend?
Das Bilderbuch von Susann Opel-Götz regt zur Kommunikation über (vermeintlich) cooles Verhalten an. Auf witzige Weise können Lesende reflektieren, was ‚wirklich‘ cool ist. Die Text, der durch detailreiche Illustrationen ergänzt wird, eignet sich nicht nur für das Vorlesen im Vorschulalter, sondern auch für erste eigene Leseerfahrungen. Im Besonderen werden Jungen mit dieser Geschichte angesprochen, die sich in bekannte alltägliche Situationen hineindenken und die Perspektive der männlichen Figuren übernehmen können.
Zerin Erdogan und Seyma Öztürk
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/ab-heute-sind-wir-cool/9783789169557
van Hout, Mies
Heute bin ich
Zürich: aracari Verlag 2012
48 Seiten
3-6 Jahre
Wie fühlst du dich heute? Und woran erkenne ich, dass du dich so fühlst? Gefühle zu interpretieren ist gar nicht so einfach. Deshalb versucht Mies van Hout in diesem Bilderbuch verschiedene Gefühle darzustellen. Empfindungen wie Erstaunen, Neugierde und Langeweile werden durch farbenfroh gestaltete Fische und deren Gesichtsausdruck erklärt. Dabei kommt das Buch fast ganz ohne Text aus, da pro Doppelseite jeweils nur ein Fisch und das Gefühl als Wort abgebildet sind. Die Gefühle werden durch die Wahl der Farben und den Zeichenstil verdeutlicht. Es werden nicht nur Freude, Wut und Trauer illustriert, sondern auch komplexere Emotionen wie Verblüffung, Verlegenheit und Neid.
Das Buch ist im Unterricht sowie im Kindergarten vielseitig einsetzbar, da es auch für alle verständlich ist. Für jüngere Kinder kann dieses Buch eine Hilfe darstellen, die eigenen Gefühle und die der anderen besser zu benennen und zu interpretieren.
„Heute bin ich“ von Mies van Hout kann die Empathiebildung fördern und stellt damit eine Bereicherung für jedes Klassenzimmer dar.
Christina Axt und Laura Lubini
Bildquelle: https://www.aracari.ch/user/buecher_shadowcover/213.jpg
Zacharias-Hellwig, Judith
Das kleine Kunterbunt
Lindau: Papierfresserchens MTM-Verlag 2018
27 Seiten
ab 3 Jahren
„Und siehe da, was passierte dann, ich nahm ein bisschen Blau von ihr an“.
Das liebevoll illustrierte Bilderbuch von Judith Zacharias-Hellwig handelt vom kleinen Kunterbunt, das zu Beginn der Geschichte eigentlich noch gar nicht kunterbunt ist. Es erzählt von einer Familie, bestehend aus Mama Rot, Papa Gelb, Papa Gelbs neuer Freundin Blau, dem Geschwisterchen Grün und Mamas Freund Braun, der irgendwie so anders ist als Papa Gelb. All das beschäftigt und prägt das kleine Kunterbunt. Wie es nun aber wirklich zu all seinen Farben kam und welche Herausforderungen es dafür meistern musste – das muss selbst gelesen werden.
Die Autorin zeichnet mit einfachen, aber sehr treffenden Versen und Illustrationen, ein umfassendes Bild einer gut funktionierenden Patchwork-Familie, Familie Kunterbunt. Sie bleibt dabei nah an der Lebens- und Erfahrungswelt der Kinder heutzutage und thematisiert Herausforderungen, die viele von ihnen so oder ähnlich vielleicht schon einmal erlebt haben könnten.
Das Buch ist für Kinder ab ca. drei Jahren geeignet, regt zum intensiven Nachdenken an und kann zudem zur produktiven Weiterarbeit genutzt werden, denn Brücken zur Kunst oder zum Schreiben eigener Farb- und Familiengeschichten sind schnell geschlagen.
Hannah Hornung
Bildquelle: www.papierfresserchen.de/Das-kleine-Kunterbunt-Taschenbuch
Jörg, Sabine
Der Ernst des Lebens
Stuttgart: Thienemann Verlag 2015
32 Seiten
ab 4 Jahren
Alle sagten zu Anette: „Wenn du sechs Jahre alt bist und in die Schule kommst, beginnt der Ernst des Lebens". Doch sie wusste gar nicht, wie der Ernst des Lebens aussah und vermutete, dass er nichts Schönes sein konnte. Sie sah ihrem sechsten Geburtstag und ihrer Einschulung mit gemischten Gefühlen entgegen. Anette wollte ja Lesen und Schreiben lernen, aber auf den Ernst des Lebens konnte sie verzichten. Sie feierte einen tollen sechsten Geburtstag, bei dem in keinem der Geschenke der Ernst des Lebens steckte und vergaß ihn beinahe. Kurz darauf kam Anette jedoch in die Schule. Dort malte, sang, rechnete und schrieb sie glücklich. Ab und zu redete sie auch mit ihrem freundlichen Nebensitzer. Er hieß Ernst. Anette war sehr froh, dass sie nun den Ernst ihres Lebens kannte und er so nett war. Sie entschied nun, dass sie sich nicht mehr Angst von den Älteren einjagen lassen würde.
Die Erstfassung des Bilderbuchs „Der Ernst des Lebens“ von Sabine Jörg erschien 1993 und wurde 2015 neu illustriert von Antje Drescher. Des Weiteren erschienen Fortsetzungen des Bilderbuches mit dem Titel „Neues vom Ernst des Lebens“ (2017) und „Der Ernst des Lebens – Den Schulweg gehen wir gemeinsam“ (2021).
Das Bilderbuch ist besonders für ältere Kindergartenkinder und für die Grundschule geeignet. Die Kinder können sich mit Anette identifizieren, denn vielen bereitet der Gedanke an die Einschulung Unbehagen und Sorgen. Anette kann diese den Kindern jedoch am Ende humorvoll nehmen und vermittelt Vorfreude auf die Schule. Die großen, bunten Illustrationen lassen die Kinder viel entdecken und zeigen die anfänglichen Ängste sowie die Erleichterung und Freude zum Schluss mithilfe Anettes Mimik. Zuletzt ist zu vermerken, dass die Schriftgröße vergleichsweise klein und somit nicht für Leseanfänger:innen geeignet ist.
Maren Wiest
Bildquelle: www.thienemann-esslinger.de/produkt/der-ernst-des-lebens-der-ernst-des-lebens-isbn-978-3-522-43766-0
Jörg, Sabine
Der Ernst des Lebens
Stuttgart: Thienemann-Esslinger Verlag 2015
32 Seiten
ab 4 Jahren
Bevor Anette in die Schule kommt, wird sie von den Großen eingeschüchtert. Sie solle dankbar sein über die schöne Zeit, die sie im Kindergarten verbringen durfte, denn jetzt käme der Ernst des Lebens auf sie zu. Das kann für Anette nichts Gutes heißen, deshalb begegnet sie dem ersten Schultag mit einem mulmigen Gefühl.
Anette fragt sich, wie der Ernst des Lebens wohl aussehe und malt sich in ihrer Fantasie unterschiedliche Möglichkeiten aus. Auf jeden Fall kann er weder freundlich noch gut sein, da die Erwachsenen sie immer verängstigen.
Doch dann verläuft alles gegen ihre Erwartungen … Anette kommt in die Schule und wartet darauf, jeden Moment dem Ernst des Lebens zu begegnen. Neben ihr sitzt ein sehr netter und hilfsbereiter Junge, der Ernst heißt.
Anette ist erleichtert und froh, dass der Ernst des Lebens doch nicht so ist, wie alle Großen immer gesagt haben und beschließt ab diesem Zeitpunkt, sich nie mehr Angst machen zu lassen.
Das Buch ist sehr kindgerecht und ästhetisch ansprechend gestaltet und wird zum Schulanfang empfohlen.
Elisabeth Battlogg und Andrea Nacke
Bildquelle: https://www.thienemann-esslinger.de/produkt/der-ernst-des-lebens-isbn-978-3-522-43766-0
Bley, Anette
Und was kommt nach tausend? Eine Bilderbuchgeschichte vom Tod
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 2005
32 Seiten
4-7 Jahre
Das Buch „Und was kommt nach tausend?“, das von der Autorin Anette Bley verfasst wurde, handelt von den sensiblen Thema Tod und Verlust. Es wird die Geschichte von Lisa und Otto erzählt, die gute Freunde sind und gemeinsam viele schöne Dinge erleben. Otto ist schon ein älterer Mann und zeigt dem Mädchen Lisa alles, was im Leben wichtig ist. Sie sind viel im Garten, zählen die Sterne und andere Dinge: Beispielsweise lernt sie von ihm, wie Kompost entsteht, dass Zahlen unendlich sind und welche Rituale die Indianer bezüglich des Todes haben.
Eines Tages geht es Otto nicht gut. Er ist müde und Lisa fragt ihn, ob er bald sterben wird. Das bejaht er und so kommt es wenig später auch dazu. Die Beerdigung macht Lisa traurig, da sie Otto als einen freudigen Menschen in Erinnerung hat und sie es nicht verstehen kann, dass alle Menschen so bedrückt sind. Doch Olga, die immer Kekse für Lisa und Otto gebacken hat, tröstet Lisa. Sie erklärt ihr auch, dass der Verlust nicht bedeutet, dass Otto nicht mehr da ist. Im Garten fühlt sich Lisa Otto nah und Olga hilft ihr zu verstehen, dass die Erinnerungen an Otto immer in ihrem Herzen sein werden. Denn so unendlich wie die Zahlen seien, sei auch die Liebe für Freunde.
Das Buch ist sehr berührend geschrieben und kann helfen, das Thema Tod mit Kindern anzusprechen. Es wird deutlich, dass der Verlust eines Menschen schmerzt und das auch in Ordnung ist; zugleich bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass man nichts mehr von diesem Menschen hat.
Die Bilder ergänzen den Text detailreich. Wenn es um den Tod geht, findet sich nur noch wenig Text auf den Seiten und die Bilder sind nicht mehr so farbenfroh. Dadurch gelingt es der Autorin, die entsprechende Stimmung auszudrücken.
Hannah Moldaschl
Bildquelle: cdn.ravensburger.de/images/produktseiten/1024/32416.jpg
Appelgren, Tove/Savolainen, Salla
Josefine wünscht sich einen Hund
Hamburg: Friedrich Oetinger Verlag
34 Seiten
ab 4 Jahren
„Josefine wünscht sich einen Hund“handelt von einem kleinen Mädchen namens Josefine, die sich nichts sehnlicher wünscht als einen flauschigen Mitbewohner. Zunächst probiert es die Familie mit einem von Freunden geliehenen Hund, um die zeitaufwändige Fürsorge zu erproben. Die Woche mit dem temporären Gast verläuft reibungslos, da sich jeder liebevoll um ihn sorgt. Als es dann ernst wird und „Schnuffel“ bei der Familie einziehen soll, meldet sich Papa mit hochroten Augen und verschnupfter Nase. Der Traum des kleinen Mädchens droht zu zerplatzen. Doch zu guter Letzt wendet sich die Situation zum Positiven, sodass die Freundschaft zwischen Josefine und ihm bestehen bleibt.
Das Buch setzt in der Lebenswelt von Kindern an und widmet sich einem häufig diskutierten Thema innerhalb einer Familie. Es zeigt ein harmonisches Zusammenleben, welches von Achtsamkeit, Kompromissbereitschaft und Rücksichtnahme geprägt ist. Der emotionale Umgang mit Frustration und Trotz ist eine Fähigkeit, die es von Kindern zu erlernen gilt, so auch von Josefine. Die Zeichnungen der Lektüre, die an Wimmelbilder erinnern, laden dazu ein, die Geschichte wiederholt zu lesen und auf neue Entdeckungen zu stoßen.
Samira Woelffle und Jule Flach
Baeten, Lieve
Die neugierige kleine Hexe
Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 1992
26 Seiten
ab 2 Jahren
Was passiert einer neugierigen kleinen Hexe, wenn sie in einer „hellen Mondnacht“ (S. 1) auf ihrem Besenstil unterwegs ist? In dem Bilderbuch „Die neugierige kleine Hexe“ von Lieve Baeten fliegt die abenteuerlustige Hexe Lisbet in ein fremdes Dachfenster, wobei bei der Landung ihr Hexenbesen zu Bruch geht. Im Haus trifft sie glücklicherweise auf viele Hexen, die alle etwas anderes gut können. Leider muss sie aber feststellen, dass sie nur etwas von Musik, Kochen oder Schlafen verstehen und keine dieser Zauberinnen ihren Besen reparieren kann. Wird sie noch jemanden finden, der ihr hilft, wieder von diesem geheimnisvollen Ort wegzukommen?
Die lebendigen Illustrationen, die von der Autorin selbst detailreich entworfen wurden, laden durch halbe Seiten, die beim Umklappen ein neues Bild ergeben, zum Entdecken ein. Ein zuvor eher langweiliges Zimmer kann sich so innerhalb von Sekunden und mit ein bisschen Zauberei mit Musik, Raketen oder fliegendem Werkzeug füllen. Bei jedem neuen Durchblättern können Leser:innen so etwas Neues entdecken. Mit der letzten Seite des Buches gelingt es der Autorin, die Leser:innen zum Weiterdenken anzuregen, da Lisbet ein anderes Haus mit brennendem Licht entdeckt – was könnte der kleinen Hexe bei ihrem nächsten Abenteuer passieren?
Leonie Heine
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/die-neugierige-kleine-hexe/9783789163456
Schulz, Wilhelm
Der Prutzeltopf
Berlin: Aufbau-Verlag 2001
22 Seiten
In dem Buch „Der Prutzeltopf“ von Wilhelm Schulz erleben Leser:innen gemeinsam mit dem Prutzeltopf verschiedene Episoden. Diese beinhalten u. a. moralische Aspekte, aber auch typische Ängste, Träume oder auch Fantasien von Kindern.
Zu Beginn des Buches trifft der singende Prutzeltopf auf ein Kind, das seinen Brei nicht essen will. Es rennt weg und springt über einen Bach. Hier kann der Brei, der das Kind verfolgt, nicht mithalten und bleibt auf der anderen Seite stehen. Infolgedessen wird der Brei von einem Hund verspeist. Das Kind hat nun nichts zu essen und wird kleiner, anstatt groß und stark. So fällt das kleine, dürre Kind in ein Mauseloch hinein.
Im weiteren Verlauf des Buches treffen Leser:innen immer wieder auf verschiedene märchentypische Elemente. Der Prutzeltopf begegnet auf seinem Weg durch das Buch beispielsweise einem Riesen, einem Zwerg, einem Engel und weiteren Wesen. Die Märchenbilder verkörpern die Fantasien, aber auch Träume und Ängste, die der Topf besingt.
Lukas Bär und Jannik Lattner
Schulz, Hermann/Krejtschi, Tobias
Die schlaue Mama Sambona
Wuppertal: Peter Hammer Verlag 2007
24 Seiten
ab 4 Jahren
Auf der Insel Ukerewe in Afrika lebt die alte und weise Königin Sambona. Eines Tages bekommt sie Besuch von einem Geschäftsmann, der sie zu ihren Ahnen bringen möchte. Mama Sambona erkennt sofort, wer da vor ihr steht – es ist der Tod persönlich. Da sie viel vom Leben versteht und auch sonst noch viel zu tun hat, möchte sie es ihrem Besuch nicht leicht machen. Sie weiß, dass er nur drei Versuche hat, und durch ihre Klugheit gelingt es ihr, das Vorhaben des Todes zu durchkreuzen. Durch geschickte Tricks schafft Mama Sambona es schlussendlich, den Tod mit ihrer Lebensfreude anzustecken und das Unvorstellbare möglich zu machen.
Sowohl die Sprache als auch die Handlung verdeutlichen den märchenhaften Charakter der Geschichte. Indem eine Kommunikation zwischen Tod und Leben stattfindet, wird den Leser:innen das „Tabuthema“ auf eine fröhliche und humorvolle Art vermittelt. Während des Handlungsverlaufs wird Stück für Stück klarer, dass das Leben dominiert und der Tod immer mehr seiner ursprünglichen Macht verliert. Die bunten und großflächigen Illustrationen heben Lebensfreude und Leichtigkeit zusätzlich hervor. Es sind immer wieder neue Details zu entdecken, die das Buch nie langweilig werden lassen. Durch die verzerrte Perspektive und die verschobenen Proportionen rückt das Wichtige automatisch in den Vordergrund und stellt eine Verstehenshilfe für noch leseunerfahrene Kinder dar. Auch für erfahrene Leser:innen kann das Buch interessant sein, denn es beinhaltet auf sprachlicher und bildlicher Ebene zahlreiche Symbole, wie beispielsweise eine Sanduhr, die diese Leser:innen bereits entsprechend interpretieren können.
Der Text selbst wurde in einer kindgerechten Sprache verfasst, die durch die wörtliche Rede abwechslungsreich gestaltet ist. Mithilfe sprachlicher Mittel wird eine Nähe zur dargestellten Welt aufgebaut. Zusätzlich wird die fremde Kultur Afrikas durch viele Details thematisiert und nahegebracht, was die Distanz zum Thema Tod verringern kann und Leser:innen dazu einlädt, auf eine sehr positive und leichte Art und Weise über den Tod nachzudenken.
Felicitas Dangel und Isabell Trautmann
Kurtulus, Gül
Plitsch & Platsch, die Wasserzwillinge und die Menschenkinder
Düsseldorf: Kurtulus & friends GmbH 2008
38 Seiten
ab 6 Jahren
Die Wasserzwillinge Plitsch und Platsch gehören zu den fünf Elementekindern. Weil deren Vater, das Wasserelement, traurig über den unbedachten Umgang der Menschen mit dem Wasser ist, unternehmen sie eine Reise zu den Menschenkindern. Plitsch und Platsch entdecken dabei zusammen mit den Kindern die Unterwasserwelt. Sie wollen ihnen zeigen, welche Auswirkungen die Umweltverschmutzung auf die Wasserbewohner hat. Zuerst treffen sie auf Karl, den Krebs, der in einer alten Dose eingesperrt ist, weil er sie nicht von einem Schneckenhaus unterscheiden konnte. Als die Kinder wieder an der Wasseroberfläche auftauchen, sind sie voll mit Öl, das aus einem Kutter geflossen war. Sie erklären dem Kapitän, welche Auswirkungen das Öl auf die Meeresbewohner hat. Als es daraufhin zu regnen beginnt, erklären die Wasserzwillinge den Kindern den Wasserkreislauf. Anschließend treffen sie im Fluss auf Konrad, den Karpfen, der sich ein neues Revier im Fluss suchen muss, weil alles voller Müll und Abwasser ist. Die Kinder verstehen durch die Funktion des Wasserkreislaufs, dass auch das Schmutzwasser irgendwann wieder zu uns in die Leitungen gelangt. Da Plitsch und Platsch von dem ganzen Schmutz krank werden, gehen sie mit den Kindern in die Kläranlage, wo die Wasserzwillinge gereinigt werden.
Thematisch greift das Buch Aspekte des Umweltschutzes auf. Dabei werden wichtige Inhalte, wie beispielsweise die Funktion eines Wasserkreislaufes oder die Kläranlage aufgegriffen und kindgerecht erklärt. Der Grundgedanke des Buches ist sicherlich richtig und wichtig, da vor allem das Themenfeld Umwelt eine wichtige Rolle in der heutigen Gesellschaft spielt. Hinsichtlich der Erklärungen von zum Beispiel dem Wasserkreislauf und der Funktionalität einer Kläranlage weist das Buch Fehler auf.
Das Buch fordert die Leser:innen auf, auf den Umgang mit der Umwelt zu achten und diese Erkenntnis auch an eigene Freunde und an die Familie weiterzugeben.
Vanessa Gäng, Anna Schwörer und Lisa Svoboda
Pfister, Marcus
Der Regenbogenfisch
Gossau Zürich und Hamburg: NordSüd 1992
24 Seiten
ab 3 Jahren
In dem Buch „Der Regenbogenfisch“ von Marcus Pfister geht es um einen außergewöhnlichen Fisch mit einem schillerndem Schuppenkleid. Zu Beginn suchen einige Fische Kontakt zu dem Regenbogenfisch und sind fasziniert von seinen Glitzerschuppen, dieser aber ist zu eitel und zu stolz und wird dadurch immer einsamer. Im Laufe der Geschichte merkt er, dass Schönheit allein nicht glücklich macht und sucht Rat bei einem Oktopus. Bestärkt durch die weisen Worte des Oktopusses kehrt der Regenbogenfisch zurück und lernt, was Freundschaft bedeutet.
Das Buch thematisiert verschiedene Themen wie Freundschaft, Ausgrenzung und das soziale Miteinander. Dem Regenbogenfisch wird im Laufe der Geschichte klar, dass Teilen mehr Freude macht, als seine Pracht allein zu genießen.
Die Tiere werden in der Geschichte personifiziert, reden und spielen miteinander, wodurch sich die Leser:innen mit den Charakteren identifizieren können. Die Themen können dadurch besser verstanden und auf die eigene Lebenswelt übertragen werden.
Auffällig bei der Gestaltung des Buches sind die farbenfrohen Bilder, welche sich ohne Rahmen über die Doppelseiten ziehen. Besonders ist die holographische Folie, die die Glitzerschuppen des Regenbogenfisches hervorhebt.
Simone Eberhardt, Carolin Ott und Franziska Stoll
Bildquelle: https://nord-sued.com/wp-content/uploads/2018/07/U1_978-3-314-00581-7_2D_sRGB.jpg
Kling, Marc-Uwe/Henn, Astrid
Das NEINhorn
Hamburg: Carlsen 2019
48 Seiten
ab 3 Jahren
Die Geschichte spielt im Herzwald, mitten im Land der Träume. Dort wohnt eine Einhornfamilie, die erst kürzlich um ein kleines, schnickeldischnukelig süßes Einhorn größer wurde. Und obwohl oder gerade weil im Herzwald alle fröhlich sind und es massenweise Kekse, Zuckerwatte-Wolken und Glücksklee gibt, ist das kleine Einhorn bockig. Es sagt zu allem und jedem immer Nein. Daher wird es irgendwann nur noch NEINhorn genannt. Auf die Frage der anderen, was es denn will, antwortet es: „Ich will bloß meine verdammte Ruhe!“. Es nerven das ständige Lächeln und Reimen der anderen Einhörner. Aus diesem Grund macht es sich auf ins Nirgends. Auf dem Weg dorthin trifft es einen WASbär und einen NAhUND. Die beiden schließen sich dem NEINhorn an. Irgendwann auf ihrer Reise kommen sie an einem Turm vorbei, in dem die KönigsDOCHter eingesperrt ist. Diese will unbedingt von den dreien befreit werden.
„Das NEINhorn“ ist ein humorvolles Kinderbuch, das mit einem Augenzwinkern und einer großen Portion Wortwitz die Geschichte eines eigenwilligen Einhorns erzählt. Die Geschichte beginnt mit in Reimen sprechenden, pausenlos sorgenfreien und glücklichen Einhörnern, die dem NEINhorn tierisch auf den Keks gehen. Es will doch einfach nur bockig und genervt sein. Zum Glück lernt es bald auf seiner Reise ins Nirgends Freunde kennen, die dieselben Gefühle hegen.
Insgesamt ist die Geschichte weder besonders spannend noch langweilig. Während der gesamten Geschichte schafft es der Autor dennoch eine Handlungs-Geschwindigkeit aufzubauen und beizubehalten, die zum Weiterlesen anregt. Ein netter, und zugegebener Maßen nicht erwarteter Twist kommt mit der Begegnung des NEINhorns und des WASbärs.
Hinzu kommt, dass die Figuren so herrlich bockig und authentisch sind. Das Einhorn, der Waschbär, der Hund und die Prinzessin haben keine Lust auf eine heile Welt, in der das Lächeln ins Gesicht geleimt ist und so richtige Kinderbuch-Stimmung herrscht. Diese fröhliche und sorgenfreie Stimmung und die typischen Handlungen, die nun mal in jedem Kinderbuch bzw. Märchen auftreten, kommen zwar auch im Buch von Marc-Uwe Kling vor, werden aber gehörig aufs Korn genommen. So muss zum Beispiel die KönigsDOCHter natürlich in einem Turm gefangen sein.
Und auch wenn sich das NEINhorn am Ende gegen eine Moral in der Geschichte entschieden hat, fällt spätestens gegen Ende des Buches auf, dass einem vielleicht doch etwas mit auf den Weg gegeben wird. Es geht darum, dass man nicht immer gut gelaunt sein muss, dass man seine Emotionen zeigen darf – auch dann, wenn sie „negativ“ oder für andere „anstrengend“ sind – und dass man nicht alleine ist. Mit Freunden sieht die Welt ganz anders aus – und sogar bockig sein macht Spaß.
Nadja Rudolf
Bildquelle: https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/s_907_754/public/produkt/das-neinhorn.jpg?itok=0dG1nxy7
Gay, Michel
Eine Dose Kussbonbons
Frankfurt am Main: Moritz 2008
32 Seiten
ab 3 Jahren
Zeo ist ein kleines Zebra und fährt zum ersten Mal ins Ferienlager. Als ihm klar wird, dass er dort – ohne Mama und Papa, ohne Gutenachtkuss und ohne Gutenmorgenkuss – im Ferienlager übernachten wird, hat er es plötzlich nicht mehr so eilig zu fahren.
Seine Eltern haben die Idee, dass sie ihm ganz viele Küsse auf Papierschnipsel verteilen. Diese kommen zusammengefaltet in eine Blechdose.
Als die erste Nacht im Lager anbricht, ist es Zeo unangenehm seine Dose mit den „Kussbonbons“ herauszuholen. Er wartet, bis das Licht aus ist und drückt sich einen ersten Kuss auf die Backe.
Doch Zeo kann immer noch nicht einschlafen, da ein anderer kleiner Zebrajunge, welcher auch Heimweh hat, weint. Zeo schämt sich, denn er könnte den Jungen mit seinen „Kussbonbons“ trösten. Schließlich entscheidet er sich, dem Kleinen zu helfen und weckt dadurch auch das Interesse der anderen Kinder.
In kürzester Zeit sind alle „Kussbonbons“ an große und kleine Zebras verteilt und schließlich schlafen alle ein.
Am nächsten Morgen wollen alle mit Zeo das Frühstück teilen. Er hat nun überhaupt keine Zeit mehr an die Küsse zu denken, denn seine neuen Freunde und er haben sich ganz viel zu erzählen.
Das Bilderbuch „Eine Dose Kussbonbons“ von Michel Gay erzählt eine Geschichte aus der Lebenswelt der Kinder.
Zentral in diesem Buch ist das Thema Heimweh. Das kleine Zebra Zeo ist zum ersten Mal mehrere Tage und somit über Nacht von seinen Eltern getrennt. Diese Tatsache macht ihm Angst. Zudem möchte er von seinen Eltern als „großer Junge“ wahrgenommen werden. Auch vor den anderen Kindern ist ihm sein Heimweh unangenehm. Die kindlichen Leser:innen erfahren, dass es einem gar nicht peinlich sein muss, wenn man Heimweh und auch „Hilfsmittel“ dagegen hat, denn anderen geht es häufig genauso.
Ein weiterer Aspekt der Geschichte kommt zum Vorschein, als Zeo seine „Kussbonbons“ verteilt. Alle Kinder bekommen die kleinen „Helferlein“, obwohl nur eine geringe Menge vorhanden ist und er sie selbst gut gebrauchen könnte.
Diese Großzügigkeit wird am nächsten Morgen direkt belohnt, da jedes Zebra mit ihm sein Frühstück teilen möchte.
So wächst die unbekannte Gruppe schnell zusammen und es entsteht eine Freundschaft zwischen den jungen Zebras.
Amelie Panser und Tim Prutscher
Bildquelle: https://www.moritzverlag.de/out/pictures/master/product/1/cover_kuss_rand.jpg
Baltscheit, Martin/Schwarz, Christine
Ich bin für mich – der Wahlkampf der Tiere
Weinheim, Basel: Beltz 2011
40 Seiten
ab 5 Jahren
„Alle vier Jahre wählten die Tiere einen König. Der Löwe liebte die Wahlen, denn die Tiere stimmten immer für ihn. Er stellte sich auf einen Hügel und fragte: ‚Wer ist für mich?‘ Und alle Tiere riefen: ‚Wir sind für dich!‘ Danach gab es Freibier und Bockwurst“ (Baltscheit 2011, S. 6). Doch eines Tages kritisierte die Maus den Löwen und warf ihm vor, die Wahl nicht aufrichtig gewonnen zu haben, da es keinen Gegenkandidaten gegeben hatte. Das wollte der Löwe nun wirklich nicht auf sich sitzen lassen und so kam es zu einem Wahlkampf der Tiere. Katze und Ameise, Schaf und Stier, Karpfen und Strauß – sie alle stellten sich als Kandidat:innen zur Wahl auf, um als neue Königin bzw. neuer König über das Tierreich herrschen zu können. Doch nachdem die Stimmen ausgezählt waren, brach plötzlich das Chaos aus. Was war geschehen und wer wurde nun der neue König der Tiere?
Das Bilderbuch „Ich bin für mich“, verfasst von Martin Baltscheit und illustriert von Christine Schwarz, thematisiert Wahlen auf anschauliche und humorvolle Weise. Liebevolle Zeichnungen und amüsante Wortspiele begleiten auf 40 Seiten die Geschichte eines Wahlkampfes im Tierreich und verdeutlichen die Sinnhaftigkeit der Demokratie.
Die Demokratiebildung in der Grundschule stellt nicht nur einen wichtigen, sondern zugleich auch einen sehr komplexen Aspekt der Wertevermittlung im Kindesalter dar. Was sind Wahlen? Warum ist die Wahl geheim? Diese zentralen Fragen, welche die Grundlage der Demokratie bilden, können und sollten bereits im Kindesalter auf erfahrbare Weise thematisiert werden. „Ich bin für mich“ gibt Antworten auf die Grundfragen unseres politischen Systems und vermittelt in diesem Zusammenhang einige zentrale und fundamentale Prinzipien anschaulich und kindgerecht.
Annerose Buckenhofer
Bildquelle: https://www.beltz.de/kinderbuch_jugendbuch/produkte/details/8594-ich-bin-fuer-mich.htm
Kunert, Almud/Hildebrandt, Anette
Mit dir sind wir eine Familie… Eine Adoptionsgeschichte
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 2008
32 Seiten
3-6 Jahre
„Erzähl doch mal, wie ich zu euch kam“, bittet die kleine Lisa ihre Eltern.
Sie weiß, dass sie nicht in Mamas Bauch war, sondern in dem Bauch einer anderen Frau. Die Geschichte, wie Lisa zu Mama und Papa gekommen ist, hört sie sehr gerne. Dabei kuschelt sich Lisa zwischen ihre Eltern aufs Sofa.
Mama und Papa beginnen zu erzählen: mit dem Zeitpunkt, an dem sie sich sehnlichst ein Kind gewünscht haben, dem Entschluss einem Kind, das keine Eltern hat, ein Zuhause zu geben, vom Jugendamt und dem Prozess bis hin zur Adoption, von dem Tag der Abholung und dem Bezug zu Lisas leiblicher Mutter, die ebenso zur Familie gehört.
Das Bilderbuch ist kindgerecht und liebevoll gestaltet. Es beinhaltet freundliche und witzige Bilder, die in warmen Farben von Almud Kunert illustriert wurden.
Das Thema Adoption wird durch dieses Buch auf zugängliche und sensible Weise vermittelt. Dabei wird auf die Gefühlsebene von Eltern und Kindern eingegangen. Durch die realistische Darstellung lädt das Buch zu einem offenen und ehrlichen Umgang mit Thema Adoption ein.
Joana Seifert, Leonie Wäldin und Theresa Walcher
Intemann, Nicole
Plastian, der kleine Fisch … und wie er mit seinen Freunden auf einer abenteuerlichen Reise die Welt ein bisschen besser macht
München: oekom 2015
28 Seiten
Die Geschwister Lilian und Moritz begeben sich auf eine aufregende Reise übers Meer zum letzten Stück verbliebenen Urwald. Um ihre Reise antreten zu können, basteln sie ein Boot aus Plastik. Doch das Boot hat eine Schwachstelle: „Der Auspuff [spuckt] Unmengen von kleinen Plastikfurzeln aus.“ (Intemann 2015, 9) Schnell wird der hungrige Fisch Plastian auf die Plastikteile aufmerksam und verschluckt jede Menge davon. Kurze Zeit später klagt er über starke Bauchschmerzen, woraufhin sich Plastian mit seinen tierischen Freunden auf die Suche nach den Übeltätern macht. Gesucht – gefunden. Die beiden Geschwister finden zusammen mit den Tieren eine Lösung für das Problem und haben darüber hinaus eine Idee, wie sie die Welt ein bisschen besser machen können …
Das Buch bietet das Potential, Umweltschutz und Nachhaltigkeit mit Schüler:innen aufzugreifen. Es konzentriert sich dabei vor allem auf die Themen Meeresverschmutzung durch Plastik und Rodung der Wälder. Die Kinderliteratur ist besonders für Leseanfänger:innen geeignet, da die Sprache sehr einfach gehalten ist und der Text begleitend visualisiert ist. Die Bilder veranschaulichen das Ausmaß der Umweltkatastrophe, sodass den Kindern die Problematik vor Augen geführt wird. Die Geschichte beinhaltet jedoch stellenweise auch eine Verharmlosung der Problematik: Beispielsweise verschwinden Plastians Bauchschmerzen nach kurzer Zeit fast vollständig, was nicht der Realität entspricht. Außerdem ist der Titel „Plastian, der kleine Fisch“ irreführend, da davon ausgegangen wird, dass es sich bei Plastian um die Hauptfigur handelt, obwohl er eine Nebenfigur darstellt.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Protagonisten eine Entwicklung vom unaufgeklärten zum verantwortungsbewussten Umgang mit der Natur durchlaufen. Sie können auf diese Weise als Vorbild für Schüler:innen fungieren und so zu einem aktiven Handeln anregen.
Lisa-Marie Keck, Lena Neher und Lena Scherzinger
Bildquelle:
https://www.oekom.de/buch/plastian-der-kleine-fisch-9783865817563
Tielmann, Christian/Döring, Hans-Günther
Mein Tag im Cockpit
Düsseldorf: Sauerländer 2009
29 Seiten
ab 4
Emma ist sehr fasziniert von dem Beruf Pilot:in. Zu ihrem Geburtstag kommt ihr Lieblingsonkel Thomas, der ihr immer die spannendsten Geschichten über das Fliegen erzählt. Er möchte ihr einen großen Wunsch erfüllen und schenkt ihr ein Ticket für einen Flug. Emma freut sich schon riesig am Fenster zu sitzen und die Welt von oben zu sehen, doch ihr Onkel hat eine Überraschung: Sie darf bei ihm im Cockpit mitfliegen. Thomas möchte Emma sehr viel über seinen besonderen Beruf als Pilot zeigen. Sie wird dabei einiges rund um den Flughafen, die Flugmannschaft und das Flugzeug erfahren. Der Tag, an dem der Flug startet, ist genaustens durchgeplant. Vor dem Abflug muss noch einiges überprüft werden …
Die Geschichte bietet einen kleinen Einblick in den Alltag eines Piloten. Dabei werden einzelne Schritte bis hin zur Landung kindgerecht erläutert. Darunter fallen Themen wie der Start des Tages eines Piloten, Checklisten, die vor dem Flug abgearbeitet werden müssen, das Cockpit, das Fliegen und die Orientierung am Himmel durch Satelliten als Wegweiser, die Ausbildung eines Piloten in einem Flugsimulator und die Landung. Das Buch bietet altersgerechte Sachinformationen, welche anhand von Wissensfragen und eines Piloten-Eignungstests am Ende vermittelt werden. Die anschaulichen Illustrationen und Klapptexte erlauben den Kindern einen vertieften Einblick in die Welt des Flughafens. Zudem vereinfachen sie den Kindern das Textverständnis und unterstützen deren Fähigkeit, sich die Handlungen bildlich vorzustellen. Aufgrund der einfachen Sprache und dem damit verbundenen verständlichen Satzbau, ist diese Kinderliteratur besonders für Leseanfänger:innen geeignet.
Leonie Aigner, Shania Schätzle und Teresa Simmank
Seefeldt, Philipp
Ida still im Menschenmeer
Würzburg: Arena 2010
28 Seiten
ab 3 Jahren
Ida liebt das Leben in ihrer Großstadt, denn in dieser gibt es für sie viel zu entdecken. Egal, ob sie von ihrem Balkon aus das Faulenzertier beobachtet, welches den Verkehr regelt, oder sich die U-Bahn als Wurm vorstellt, der sich in seinen unterirdischen Tunnel unter der Stadt entlangschlängelt: Ihrer Vorstellungskraft scheinen keine Grenzen gesetzt!
Das mit dem Meefisch 2009 ausgezeichnete Bilderbuch von Philipp Seefeldt lädt die Leser:innen in eine liebevoll und abwechslungsreich gestaltete Welt ein. Das Buch vermag es, Leser:innen jeder Altersgruppe anzusprechen und mit seinen außergewöhnlichen, vom Autor selbst gestalteten Illustrationen zum Nachdenken anzuregen. Idas Geschichte über Freundschaft, Mut und Liebe wird durch die besonderen, dreidimensional anmutenden, weitgehend farblosen Bilder begleitet.
Silke Fröhle, Jana Schneider unds Selina Zerinius
Schubert, Dieter/Schubert, Ingrid
Ophelia und die Schmetterlinge
Düsseldorf: FISCHER Sauerländer 2009
32 Seiten
ab 4 Jahren
Das Bilderbuch „Ophelia und die Schmetterlinge“, geschrieben und illustriert von Dieter und Ingrid Schubert, handelt von einer Geschichte über das Verliebtsein.
Als das Nilpferd Ophelia eines Morgens aufwacht, hört sie ihren Freund Joppe, das Krokodil, laut nach ihr rufen. Joppe ist verzweifelt, denn er hat viele Schmetterlinge im Bauch und weiß nicht, was er tun soll. Daraufhin denkt Ophelia, Joppe sei krank und möchte ihm helfen, weshalb sie sich mit ihrem Arztkoffer sofort auf den Weg macht. Auf ihrer Reise durch den Dschungel trifft sie auf viele unterschiedliche Dschungelbewohner, wie ein Erdmännchen, ein Frosch und ein Stachelschwein. Jeder einzelne macht sich große Sorgen um Joppe und erzählt von einer immer noch schlimmeren Krankheit. Keiner weiß, wie es um Joppe tatsächlich steht und am Ende denken alle, er sei gestorben. Die Dschungelbewohner trauern gemeinsam um ihn, als plötzlich Ophelia Hand in Hand mit dem lebendigen Joppe um die Ecke kommt. Ophelia beruhigt alle, indem sie über Joppes Schmetterlinge im Bauch aufklärt, denn er ist nur verliebt und nicht krank. Zum Schluss teilt Ophelia den anderen mit, dass sie selbst nun auch Schmetterlinge im Bauch hat.
Die Geschichte greift die Themen Freundschaft und das erste Verliebtsein auf und stellt somit auch einen Bezug zur Lebenswelt der Kinder her. Das erste Verliebtsein weckt unbekannte Gefühle in einem und kann sich anfühlen wie eine Krankheit. Außerdem zeigt das Buch, wie schnell sich Gerüchte verbreiten können, wenn jeder die Ereignisse anders darstellt.
Durch die bunten Illustrationen wird die Geschichte lebendig und die Leser:innen können sich gut in die Charaktere hineinversetzen. Im Gegensatz zum Text, der nur wenig Platz einnimmt, dominieren die Bilder und geben einen Einblick in die Lebenswelt der Dschungelbewohner.
Lea Lorenz, Maren Melzer und Laura Schultheiss
Schneider, Liane/Wenzel-Bürger, Eva
Conni lernt Rad fahren
Hamburg: Carlsen 1999
24 Seiten
ab 3 Jahren
Connis Freundin Anna hat seit kurzem ein eigenes Fahrrad, mit dem sie ständig herumflitzt. Das Spielen mit Anna macht Conni deswegen gar keinen Spaß mehr und sie ist ein bisschen neidisch auf ihre Freundin. Als Conni dann auch noch mit Annas Fahrrad stürzt und sich am Knie verletzt, möchte sie unbedingt ein eigenes Rad haben, um zu lernen, wie man damit fährt. Sie weiß auch schon genau welches: ein rotes mit Stützrädern, damit es nicht so leicht umkippt. Zum Glück hat sie bald Geburtstag! Ob sie wohl ein Fahrrad geschenkt bekommen wird? Und wie lernt man eigentlich das Radfahren?
Wird Conni es schaffen, so gut Rad zu fahren wie die Kinder aus der vierten Klasse, die Conni bei der Fahrradprüfung beobachtet hat?
Wie auch die anderen Ausgaben der LESEMAUS vermittelt das Bilderbuch erstes Sachwissen zu wichtigen Themen aus dem Alltag von Kindern. Diese von der Stiftung Lesen empfohlene Ausgabe der Conni-Bände beschäftigt sich mit dem Thema „Rad fahren lernen“. Die Hauptfigur Conni zeigt, dass man nicht aufgeben sollte, wenn man etwas erreichen möchte, selbst wenn man dabei immer wieder Rückschläge erleidet. Zudem wird der Neid aufgegriffen, den Kinder erfahren, wenn ihre Freunde etwas haben, das sie selbst gerne hätten.
Nina Letsch
Bildquelle: https://www.carlsen.de/softcover/lesemaus-71-conni-lernt-rad-fahren/978-3-551-08648-8
Scheffler, Ursel/Wensell, Ulises
Wer hat Zeit für den kleinen Bären?
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag 1996
26 Seiten
„Tut mir leid, ich habe leider keine Zeit.“
Wer kennt es nicht? Jeder war sicherlich schon einmal in der Situation, dass etwas mit einem Freund oder einer Freundin unternommen werden sollte und die Person bedauerlicherweise keine Zeit hatte. Fragt man jemand anderen, hat diese Person aber auch keine Zeit und die nächste eventuell auch nicht.
Am Ende fühlt man sich dann sehr einsam und weiß nicht, was man tun soll.
Genau so ergeht es dem kleinen Bären im Bilderbuch „Wer hat Zeit für den kleinen Bären?”
Das im Jahre 1996 vom Ravensburger Buchverlag veröffentlichte Bilderbuch wurde von Ursel Scheffler geschrieben und von Ulises Wensell illustriert. Die Geschichte handelt von einer Bärenfamilie, die aus dem Winterschlaf erwacht ist. Da ihnen die Höhle als Unterschlupf zu kalt wird, bauen sich die Bäreneltern ein Holzhaus. Auch der kleine Bär möchte mithelfen, jedoch bitten ihn seine Eltern, auf der Seite zu warten, damit er nicht in Gefahr gerät. Nachdem er ihnen sein selbst gebautes Rindenhaus zeigen will, weisen ihn seine beschäftigten Eltern ab, woraufhin der kleine Bär loszieht, um Freunde zu suchen, die Zeit zum Spielen haben.
Unterwegs trifft er auf verschiedene Tiere: einen Specht, ein Eichhörnchen, einen Maulwurf und am Ende auf einen kleinen Bären. Ob er am Ende jemanden für sich finden wird?
Neben dem Thema Freundschaft spielt auch das der Familie eine Rolle. Die kindgerechte Sprache und anschaulichen Illustrationen eignen sich für Leseeinsteiger:innen. Auch beim wiederholten Lesen und Betrachten können immer wieder neue Entdeckungen gemacht werden.
Maria Drechsel, Sarah Köhler und Sirigorn Ströbele
Konsek, Dieter
Theo, der Geschichtenerzähler
Wien: Picus 1997
32 Seiten
ab 4 Jahren
In dem Buch „Theo, der Geschichtenerzähler“ von Dieter Konsek geht es um einen alten Mann namens Theo, welcher im Dorf als der Geschichtenerzähler bekannt ist. Früher erzählte er den Kindern im Dorf seine Geschichten, bis er sie eines Tages alle vergisst. Traurig über diesen Zustand traut er sich nicht mehr ins Dorf. Auf der Suche nach Essen im Wald begegnet er einem Zwerg, der ihm hilft, neue Geschichten zu erfinden.
In dem Werk werden Themen wie Einsamkeit und der (fehlende) Glaube an sich selbst aufgegriffen. Es wird deutlich, dass man in manchen Lebenssituationen jemanden braucht, der einem hilft, wieder an sich selbst zu glauben. Außerdem thematisiert der Autor die Faszination von Kindern für erzählte Geschichten und zeigt, wie fesselnd diese sein können. Diese Themen spiegeln sich auch in der Lebenswelt der Kinder wider.
Laura Dörflinger und Anna Hager
Baltscheit, Martin
Der kleine Herr Paul macht Ferien
Leipzig, München: Altberliner Verlag 2004
75 Seiten
Der kleine Herr Paul ist ein selbsternannter „Bücherwurm“, der seine Freizeit am liebsten in seinem Sessel mit Lesen verbringt. Dennoch erlebt er nicht nur in den Büchern immer wieder fantastische Geschichten, sondern auch sein Alltag wird regelmäßig zu einem überraschenden Abenteuer.
So lässt er beispielsweise an einem unscheinbaren Sommersonntag buchstäblich die Sonne in seine Wohnung hinein, woraufhin er Zeuge eines spektakulären Schauspiels wird. Während eines Spaziergangs trifft der kleine Herr Paul auf einen mysteriösen Händler, welcher die ungewöhnlichsten Dinge zum Tausch anbietet. Dadurch hat er die Idee einen Teil seiner Büchersammlung auf einem Trödelmarkt zu verkaufen, um Geld für seinen Urlaub am Strand zu verdienen. In diesem Urlaub erlebt er weitere Abenteuer, die er am Ende des Sommers auf einem Nachbarschaftsfest Revue passieren lässt.
Beim Lesen des Buches werden die Leser:innen immer wieder aus zunächst ganz alltäglich erscheinenden Situationen in skurrile Abenteuer entführt. Begleitet werden diese Abenteuer von verschiedenen philosophischen Themen wie beispielsweise der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit. Trotz der Abstraktheit dieser inhaltlichen Gegenstände werden diese in kindgerechter Sprache dargestellt und durch ansprechende Illustrationen gestützt. Die Unvoreingenommenheit, mit der der kleine Herr Paul seine Abenteuer erlebt, lässt sowohl Kinder als auch Erwachsene schmunzeln.
Paul Berg und Nils Börsig
Llenas, Anna
Das Farbenmonster
Berlin: Jacoby & Stuart 2021
48 Seiten
ab 3 Jahren
Ach herrje! Was ist denn da los? Das Farbenmonster hat schon wieder Unordnung verursacht! Nun sind die ganzen Gefühle durcheinandergeraten: Fröhlichkeit, Traurigkeit, innere Ruhe, Wut und Angst haben sich – dargestellt als verschiedenfarbige Kreise – vermischt. Zum Glück gibt es ein Mädchen, das dem Farbenmonster hilft, Ordnung in das Gefühlschaos zu bringen. Dafür müssen sie jedoch erst einmal jedes Gefühl genau analysieren. Anschließend ist es möglich, sie nach Farben in Gläser mit Schraubverschluss zu sortieren. Nach dem „Aufräumen“ ist das Farbenmonster sehr glücklich und es zeigt sich überall die Farbe Rosa. Was das wohl bedeuten könnte?
Dieses Bilderbuch erschien im spanischen Original 2012 bei Editorial Flamboyant S.L. in Barcelona unter dem Titel „El monstre de colors“. Anna Llenas, spanische Autorin und Professorin für Kunsttherapie, hat ihre Lektüre selbst illustriert. Sie nimmt die Leser:innen eindrucksvoll mit in die bewegte Welt der Gefühle. Diese werden repräsentiert in Form von verschiedenfarbigen Kreisen: Angst erhält die Farbe Schwarz, Gelb die Fröhlichkeit, Blau die Trauer, Grün die innere Ruhe und Rot die Wut. Anhand anschaulicher Beispiele werden diese im Hardcover-Format
(25,5 x 25,5 cm) jeweils auf zwei Doppelseiten analysiert. So ist z. B. innere Ruhe dargestellt durch den Vergleich mit der Stille eines Baumes sowie der Leichtigkeit eines Blattes im Wind. Grüne Motive (verschiedene Pflanzen) und ein grünes Farbenmonster, das in der Hängematte entspannt, ergänzen den Text. Mit Hilfe von kindgerechter, durch Papieroptik einfach erscheinender bildlicher Veranschaulichung der Protagonisten/Gegenstände erhalten Rezipient:innen den Eindruck einer
Dimensionalität. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass es eine neuere Auflage in Form eines Pop-up-Bilderbuchs gibt.
Anna Llenas Geschichte zeigt, dass es viele unterschiedliche Gefühle gibt, die manchmal, wenn sie außer Kontrolle geraten sind, zu einem „Chaos“ führen können. Visualisiert durch unterschiedlich colorierte Knöpfe und Einmachgläser als Behälter, könnte man den Ordnungsvorgang auch im Kindergarten oder Unterricht erlebbar machen, denn die Lektüre eignet sich vor allem für Kindergarten- sowie Grundschulkinder in den ersten beiden Schuljahren, um über Gefühle zu sprechen.
Die Emotions-Thematik spricht vor allem Kinder in ihrer eigenen Lebenswelt an:
Sie sind nämlich dabei zu lernen, ihre Gefühle zu kontrollieren bzw. zu kanalisieren und Perspektivenübernahme zu üben. Für die Ordnung bzw. das Verstehen der Gefühle anderer ist jedoch im Schritt zuvor eine bewusste Wahrnehmung notwendig: Wie fühlt sich Angst an? Wie sieht man aus, wenn man erfreut ist? Aus welchen Gründen ist man wütend? Welche Strategien gibt es für den Umgang mit Emotionen? All diese Fragen und noch viele mehr kann man mit Anna Llenas Buch wunderbar thematisieren. Jedes Kind kann auch individuell künstlerisch aktiv werden und den Gefühlen Farben, Symbole etc. zuordnen oder selbst ein Farbenmonster kreativ gestalten.
Anna Llenas Lektüre ist sehr gut geeignet, um soziales Lernen im Kindergarten oder fächerübergreifend (z. B. in Deutsch, Kunst, Sachunterricht) in der Grundschule zu fördern.
Anna Fässler und Katharina Rehle
Bildquelle:
https://www.jacobystuart.de/wp-content/uploads/2017/11/u1_das_Farbenmonster_cmyk.jpg
Bassewitz, Gerdt von
Peterchens Mondfahrt
Münster: Coppenrath 2005
48 Seiten
ab 5 Jahren
Als die Geschwister Anneliese und Peterchen eines Nachts aus ihrem Schlaf erwachen, erblicken sie etwas Ungewöhnliches: Den Maikäfer Summsemann. Dieser war, getrieben durch Neugierde, in das Zimmer der Kinder gelangt. Peterchen fiel sofort auf, dass dieser nur fünf Beine besaß, was den Käfer dazu veranlasste, ihm den Grund dafür zu erzählen. Ein Holzdieb schlug Summsemanns Urgroßvater vor langer Zeit das sechste Bein beim Fällen einer Birke ab. Seitdem haben alle Maikäfer nur fünf Beine. Zur Strafe wurde der Holzdieb durch die Königin der Nacht auf den Mond verbannt, wo er von nun an sein Schicksal als Mondmann fristet. Nur wenn dieser besiegt wird, erlangt der Maikäfer sein Bein wieder. Die Kinder entschließen sich Summsemann zu helfen, sein verlorenes Bein wiederzuerlangen, was den Beginn eines großen Abenteuers hin zum Mond markiert. Auf der langen Reise besuchen sie zahlreiche Orte, wie die Weihnachtswiese oder die Osterwiese. Sie treffen den Sandmann, die Königin der Nacht und viele weitere Personen, die ihnen bei diesem Unterfangen helfen. Sollten die Kinder es auf den Mond schaffen, so wartet dort die größte Herausforderung: Der Kampf gegen den Mondmann.
Ganz allgemein regt die Geschichte des Bilderbuches durch die fantasievollen Ausschmückungen und dem kreativen Schreibstil sehr die Vorstellungsbildung an. Die Leser:innen werden hierdurch in eine magische Welt eingeführt.
Ein Kritikpunkt an der Geschichte liegt darin, dass diese stark ausgeprägte Geschlechterklischees bedient, bspw. fängt Anneliese zu weinen an, als ihre Puppe vom „Mondmann“ (S. 37) gefressen werden soll (vgl. S. 37) und Peterchen wird als tapferer Junge mit Holzschwert (vgl. S.38) dargestellt. Dies ist sicherlich der Zeit geschuldet, aus der die Originalgeschichte stammt (Erstveröffentlichung 1919/1920), was auch mit Kindern gut anhand dieser Geschichte thematisiert werden könnte.
Marvin Bracht, Marie-Sophie Frick und Leoni Friedrich
Altenburger, Hermann
O Schreck! Der Mond ist weg
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1972
30 Seiten
ab 8 Jahren
Das Farbbilderbuch „O Schreck! Der Mond ist weg“ vom deutschen Grafiker und Autor Hermann Altenburger erzählt eine Geschichte über die Entstehung einer kosmischen Fehlvorstellung, initiiert durch die Bürgerinnen und Bürger und bestärkt durch den Bürgermeister einer kleinen Gemeinde.
Eines Abends geht Bauer Toni mit seinem Esel zum Dorfteich, in dem sich der Mond spiegelt. Plötzlich verschwindet der Mond. Es ist stockdunkel und das ganze Dorf ist entsetzt. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde kommen zu dem Schluss: „Der Esel muss den Mond verschluckt haben!“ Um dies herauszufinden, hat der Bürgermeister der Gemeinde die Idee, den Bauch des Esels aufzuschneiden, um zu schauen, ob dort der Mond zu finden ist. Am nächsten Tag folgen den Worten Taten. Der Tierarzt der Gemeinde schneidet den Bauch des Esels auf, doch vom Mond war keine Spur. Ein Mondforscher, der von dem Geschehnis mitbekommen hat, räumte diese Fehlvorstellung auf beeindruckende Art und Weise aus.
Das Bilderbuch verdeutlicht, wie sich Fehlvorstellungen entwickeln können. Es sind Aspekte des alltäglichen Lebens, welche Kinder durch die Rezeption dieses Kinderbuches erfahren können. Die dargestellten Inhalte zeigen, dass man das Buch sehr gut im Unterricht nutzen könnte, um Kinder für das kritische Denken zu sensibilisieren. Zusätzlich zu den alltagspraktischen Inhalten des Buches werden auch wenige wissenschaftliche Fakten über den Mond erläutert.
Die Handlung wird eindrücklich dargestellt durch anschauliche Illustrationen und prägnante Sätze, die in großer Schriftgröße eine leichte Leserlichkeit ermöglichen. Das Potenzial des Buches lässt sich dadurch beschreiben, dass trotz des kompakten und leicht dargestellten Inhaltes, eine sehr komplexe Thematik behandelt wird.
Hannes Rothenberger und Luisa Scherzinger
Lüftner, Kai/Gehrmann, Katja
Für immer
Weinheim/Basel: Beltz und Gelberg 2013
26 Seiten
ab 5 Jahren
Für den kleinen Egon ist nichts jemals wieder so, wie es einmal war. Sein Leben hat sich für immer verändert. Im Bilderbuch erfährt man, wieso das der Fall ist und was sich in dem Leben des Jungen so drastisch verändert hat. Egons Papa ist kürzlich in jungem Alter an Brustkrebs gestorben. Egon schildert, wie er versucht, damit umzugehen und wie er verzweifelt Lösungsansätze sucht, um Papa wieder sehen zu können. Jedoch gibt es weder Medizin noch Tabletten, die gegen die gewaltige Macht der zwei Worte "für immer ..." wirken. Außerdem fällt ihm auf, dass die Menschen, seitdem sein Papa verstorben ist, ganz anders mit ihm interagieren. Es gibt die Gruppe Menschen, die versucht übertrieben nett zu sein und alles zu überspielen, die, die andauernd Mitleid zeigen und die, die versuchen den tragischen Tod nicht in den Vordergrund zu stellen. Egon mag keine einzige dieser Gruppen und auch sie helfen ihm nicht, mit dem Schmerz umzugehen.
Egon nimmt uns auf eine Reise mit, die uns sehr eindrucksvoll erläutert, wie ein Kind jungen Alters versucht den Tod des eigenen Papas zu verarbeiten und damit weiterzuleben.
Das Buch ist für eine Altersgruppe ab 5 Jahren geeignet. Es besitzt die Kunst, sehr behutsam und kindgerecht mit dem Thema Tod umzugehen. Gerade das Thema Tod gilt aus der Sicht Erwachsener oft als Tabuthema für Kinder, da oft die Worte dazu fehlen.
Lorenzo Ciulli, Alina Lupfer und Sarah Weierberger
Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus/Goldsack, Gaby/Pedler, Caroline
Der Nussknacker
Augsburg: Parragon 2004
25 Seiten
In dem Märchenbilderbuch „Der Nussknacker“ nimmt uns E. T. A. Hoffmann mit auf eine Traumreise, in der sich die Protagonistin Marie mithilfe eines Nussknackers vor dem bösen Mausekönig rettet.
An Heiligabend wird Marie von ihrem Paten Drosselmeier mit einem hölzernen Nussknacker beschenkt. Im hitzigen Spiel bricht Bruder Fritz dem Nussknacker einen Arm. Nachdem Marie zur Schlafenszeit, mit dem nun nur noch einarmigen Nussknacker im Arm zur Ruhe kommt, vernimmt sie merkwürde Geräusche. Plötzlich steht der Nussknacker mit samt einer Zinnsoldatenarmee in Lebensgröße vor ihr.
Ihnen gegenüber formiert sich die scheinbar unbesiegbare Armee des grauen Mausekönigs und das Duell zwischen den Armeen beginnt. Als Marie die Niederlage des Nussknackers erahnt, wirft sie ihren Schuh auf den Mausekönig, tötet ihn und rettet so des Nussknackers Leben.
Der nun zum Prinzen verwandelte Nussknacker zeigt Marie zum Dank die Welt der Zuckerfee mit Pralinen, Bonbons und weiteren Wundern.
Als Marie von ihrem nächtlichen Abenteuer erwacht, traut sie ihren Augen kaum, denn ihr Nussknacker liegt mit zwei gesunden, hölzernen Armen neben ihr – war das Erlebte wirklich nur ein Traum?
In diesem Kinderbuch wird die Geschichte primär durch die detailreichen und aussagekräftigen Bilder erzählt, die von dem in Reimen formulierten Text begleitet werden. Der auktoriale Erzähler weckt anhand des Spannungsbogens das Leseinteresse und macht das Werk zu einem Erlebnis für Groß und Klein. Diese Geschichte lässt uns wieder daran glauben, dass Träume wahr werden können.
Hüls, Maurer, Ullmayer und Wendorff
Weninger, Brigitte/Ballhaus, Verena
Tobi und der Zankapfel
Zürich: Pro Juventute 2002
24 Seiten
ab 5 Jahren
Als Tobi vom Spielen ins Haus kommt, hört er die Stimmen seiner Eltern bis ins Treppenhaus. Sie streiten wieder und er möchte nicht zu Hause sein. Stattdessen klingelt er bei der Nachbarin Frau Puntigam und ihrem Kater Moses. Während sie beim Backen eines Apfelkuchens ins Gespräch kommen, finden sich Parallelen zwischen Äpfeln und dem Streiten.
Dieses Bilderbuch setzt sich mit dem Thema Streit auseinander und fokussiert dabei besonders die Frustration eines Kindes gegenüber seinen streitenden Eltern. Das Sprechen mit einer Außenstehenden und deren Gleichnis des gelb-roten Apfels führt bei dem Protagonisten zu der Erkenntnis, dass er weder Partei ergreifen noch den Streit der Eltern schlichten muss. Vielmehr regt es ihn an, das Gespräch mit den Eltern zu suchen und ihnen seine Position klar zu machen.
Die Illustrationen von Verena Ballhaus dienen einerseits der Darstellung des beschriebenen Konfliktes sowie der dynamischen Anreicherung des Geschehens und bieten andererseits die Möglichkeit unterschiedliche Perspektiven wahrzunehmen.
Maike Langner
van de Vendel, Edward/van Hertbruggen, Anton
Der Hund, den Nino nicht hatte
Münster: Bohem Verlag 2014
40 Seiten
ab 3 Jahren
Der Junge Nino hat einen Hund, den nur er sieht und wahrnimmt. Der Hund, den er nicht hatte, ist ein Seelenverwandter und nimmt eine wichtige Rolle in Ninos Leben ein. Sie erleben zusammen Abenteuer und es scheint, als gäbe der Hund Nino Selbstvertrauen, Mut und den Rückhalt, den er von seinen Eltern nicht bekommt. Eines Tages bekommt er einen „echten“ Hund, der fortan den anderen Hund ersetzt.
Dieser Zeitpunkt erscheint wie ein Wendepunkt im Buch. Nino fasst nicht sofort Zutrauen zu dem neuen Hund und verändert sich auch anderweitig, wie Bild und Text erzählen. Auf sprachlicher Ebene vollzieht sich der Wandel in einem Tempuswechsel vom Präteritum in die Gegenwart. Im Bild verschwindet der Fantasiehund ab diesem Zeitpunkt. Stattdessen ist der neue Hund zu sehen, der mit Nino spielt und in den Wald geht. Dennoch wird Rezipient:innen unweigerlich klar, dass dieser neue Hund Nino nicht so glücklich macht wie der alte. Es werden immer wieder Situationen und Dinge erzählt, die der Hund, den Nino hat, nicht macht oder anders macht als der Hund, den Nino nicht hatte. Die offensichtliche Betonung dessen, dass das nicht schlimm sei, lässt aber umso deutlicher werden, dass es eben doch schlimm ist.
„OB DAS SCHLIMM IST? ACH WAS.“
Später findet Nino einen Weg, damit umzugehen. Denn Nino hat dann neue Tiere, die er nicht hatte. Da Nino nun zusammen mit den neuen Tieren, die er nicht hat, dem „alten“ Hund, den er nicht hatte und dem Hund, den er hat, spielt, erscheint das Ende versöhnlich.
Sprachlich lebt das Bilderbuch von einem staccato-artigen, parataktischen Satzbau. Es wird mit Ellipsen, Anaphern und Parallelismen gearbeitet und durch diesen Sprachstil viel Raum für das Bild gelassen. Auch manche sprachlichen Vergleiche bleiben dem Rezipienten in Erinnerung: „Der Hund, den Nino nicht hatte, mochte Tränen. Sie schmeckten ihm. Lakritzwasser.“
Die künstlerische Gestaltung der Bilder ergänzt die Erzählung meisterhaft. Die knappe sprachliche Gestaltung ermöglicht Freiraum für die bildliche Erzählung, die sehr fantasievoll ist. Die Farbpalette wird dominiert von kräftigen dunklen, aber dennoch bunten Farben, die sich im ganzen Buch immer wiederfinden lassen. Die Bilder wirken zudem wie eine Collage aus bleistiftartig Gezeichnetem, Geklebtem und Gemaltem. Besonders eindrucksvoll ist auch die Umsetzung des Hundes, den Nino nicht hatte. Dieser ist bei genauer Betrachtung schon auf dem Titelbild zu finden und im ganzen Bilderbuch immer in schemenhafter Zeichnung zu sehen. Durch diese sprachliche Gestaltung und die fantasievollen vielfältigen Bilder können bei jeder Bilderbuchbetrachtung neue Facetten entdeckt werden und die Geschichte kann neue Dimensionen erhalten.
Auf implizite Art und Weise werden wichtige Themen der kindlichen Welt thematisiert: Die Einsamkeit Ninos, der Vater, den Nino nicht hatte, weil er unterwegs ist, usw. Dabei erzählt der Text selten direkt von diesen Gefühlen oder Problemen. Sie werden durch Bild und die wenigen Worte dennoch deutlich erlebbar.
Das Bilderbuch wurde 2016 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Bilderbuch ausgezeichnet. Anton van Hertbruggen erhielt für die eindrucksvollen Bilder 2014 den renommierten Illustratorenpreis „Golden Palet“.
Marie Amann und Anna Bauer
Nordqvist, Sven
Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch
Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 1989
24 Seiten
7-9 Jahre
Am Tag vor Weihnachten haben Pettersson und Findus noch viel zu erledigen. Sie wollen einen Tannenbaum besorgen und das Haus auf Vordermann bringen. Dabei verletzt sich Pettersson durch einen Schlittenunfall am Fuß und ist auf die Hilfe seines Katers Findus angewiesen. Das erschwert die Weihnachtsvorbereitungen enorm und betrübt die Gemüter der beiden. Trotz der vorangegangenen Strapazen wandelt sich der Festtagsabend durch die Hilfe aller Nachbarn noch zum Guten.
Das Bilderbuch mit dem Titel „Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch“, welches von Sven Nordqvist verfasst wurde, ist zunächst in schwedischer Sprache erschienen und wurde dann von Angelika Kutsch ins Deutsche übersetzt.
Die im Buch verwendete Sprache ist kindgerecht. Der Text ist abwechslungsreich durch ein gemischtes Verhältnis von Parataxen und Hypotaxen. Die Geschichte rückt die Thematik der Nächstenliebe in den Mittelpunkt und versucht dadurch den Kindern wichtige Werte für ihr ganzes Leben zu vermitteln. Dies wir deutlich, als die Nachbarn vom Sturz des Alten erfahren und sich mit guten Gaben auf den Weg machen, um den Zweien ein schönes Fest zu bescheren. „Alle brachten einen Korb mit, denn alle hatten gehört, dass Pettersson mit einem gebrochenen Bein in seiner kleinen Hütte saß und hungern und frieren musste“ (S.20). Gerade durch die schöne Botschaft am Ende gelingt selbst jüngeren Kindern ein Transfer der Geschichte auf das eigene Leben.
Die Geschichte eignet sich sowohl zum Vorlesen für Eltern als auch zum selbstständigen Lesen für Kinder. Das Bilderbuch „Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch“ ist eine hervorragende Kindergeschichte, welche den jungen Leser:innen Engagement, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt mit auf den Weg gibt.
Nina Fürst, Ines Kiene und Sarah Lohse
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/pettersson-und-findus-pettersson-kriegt-weihnachtsbesuch/9783789161742
Lucado, Max
Du bist einmalig
Holzgerlingen: SCM Hänssler Verlag 2021
31 Seiten
ab 5 Jahren
Punchinello ist eine Holzpuppe, die in Wemmick wohnt. In dieser Stadt sind alle Bewohner Holzpuppen. Die Bewohner der Stadt verteilen sich gegenseitig Sternchen und Punkte für ihr Aussehen, Verhalten und ihren Erfolg. Punchinello gehört zu den Holzpuppen, die immer Punkte bekommen, da er tollpatschig und nicht sehr hübsch ist. Darüber ist er sehr traurig, weil die Punkte niemals abfallen und sich alle über ihn lustig machen. In Wemmick gibt es allerdings ein Mädchen, Lucia, an der keine Punkte und Sterne haften bleiben. Punchinello bewundert Lucia sehr dafür und möchte wissen, wie er seine Punkte verlieren kann. Lucia erzählt ihm, dass sie jeden Tag zum Holzschnitzer Eli geht und rät ihm, ihn auch zu besuchen. Daraufhin besucht Punchinello Eli. Er erzählt Punchinello, dass jede Holzpuppe, die er geschnitzt hat, einmalig ist und er alle gleich lieb hat. Als Punchinello beginnt Eli zu glauben, fällt der erste Punkt von ihm ab.
Die Geschichte soll verdeutlichen, dass es wichtig ist, an sich selbst zu glauben und sich nicht mit anderen zu vergleichen. Jeder ist perfekt so wie er ist. Mit diesem Buch, kann diese wichtige Botschaft auch den Kleinen so anschaulich und liebevoll nahegebracht werden, da dies auch schon Thema in den Kindergärten und Schulen ist.
Maren Arndt und Lena Heggemann
Bildquelle: https://www.scm-shop.de/du-bist-einmalig.html
Lindgren, Astrid
Die Puppe Mirabell
Hamburg: Oetinger Verlag 2003
32 Seiten
ab 4 Jahren
Britta-Kajsa wünscht sich nichts sehnlicher als eine Puppe. Doch eine Puppe kostet viel Geld. Alles, was ihre Eltern an Gemüse und Blumen auf dem Markt verkaufen, reicht gerade für das Nötigste zum Leben. Der Kauf einer Puppe ist daher absolut undenkbar. Eines Tages, als ihre Eltern beim Arbeiten sind, erhält sie von einem merkwürdig kleinen Mann ein winziges gelbes Samenkorn als Geschenk. Sie pflanzt dieses Körnchen auf ihrem Gartenbeet ein und nach einiger Zeit wächst daraus eine ganz besondere Puppe hervor!
Bemerkenswert sind vor allem die wunderbar schlichten und eigensinnigen Illustrationen von Pija Lindenbaum, die zu den bekanntesten Bilderbuch-Künstlerinnen Schwedens gehört. Astrid Lindgren schafft es, durch den Glauben an die Kraft der Puppen und Fantasie, das Natürliche mit dem Surrealen zu verflechten. Dabei wird der Bogen aus Spannung, Fantasie und Gefühl so feinsinnig und empathisch gespannt, dass das Buch gerade für kleinere Kinder sehr ansprechend und zum Vorlesen geeignet ist.
Jonathan Merk
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/die-puppe-mirabell/9783789168383
Bauer, Jutta
Schreimutter
Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2000
36 Seiten
ab 3 Jahren
Der kleine Pinguin wird von seiner Mutter so stark angeschrien, dass es ihn in alle Gliedmaßen zerreißt. Diese sind alle einzeln auf verschiedenen Teilen der Welt verstreut. Der kleine Pinguin versucht alle seine Körperteile wieder zusammenzubekommen, aber weiß nicht wie. Doch seine Mutter sammelt die Körperteile wieder vollständig ein und näht den kleinen Pinguin wieder zusammen. Am Ende umarmt die Mutter ihr Kind und entschuldigt sich.
Die erste Irritation für Rezipient:innen lässt sich vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte finden. Der Titel „Schreimutter“ steht im Kontrast zu dem kleinen Bild darunter. Dieses zeigt einen großen und einen kleinen Pinguin, die sich liebevoll umarmen. Im Gegensatz dazu stehen die negativen Emotionen, welche sich durch den Titel ergeben. Diese werden während des Leseprozesses zunächst verstärkt. Jedoch überwiegt die eindrücklich dargestellte Handlung mit den fesselnden Page Breaks, sodass die negativen Gefühle beschwichtigt werden.
Auf wenigen Seiten wird der Inhalt des Bilderbuchs mit prägnanten kurzen Sätzen beschrieben, die von auffälligen bunten Illustrationen untermauert werden.
Durch die hauptsächlich verwendeten Hauptsätze werden die Leser:innen mit durch den Prozess genommen, den der Pinguin und seine Mutter durchlaufen. Dadurch wird vor allem die emotionale Gefühlslage des kleinen Pinguins unterstützt und den Leser:innen nahegebracht. Durch das Betrachten der Illustrationen kann man die Geschichte und die intendierte Aussage nachvollziehen, ohne den Text lesen zu müssen. Dies ist andersrum ebenso möglich.
Ein Appell, den das Bilderbuch aufweist und sich alle zu Herzen nehmen sollten: Trotz geladener Emotionen soll man seine Wut kontrollieren und sich achtsam gegenüber anderen verhalten, um sie zu schützen.
Melina Ampuero Haag, Lea Dettmers und Kristina Roth
Bildquelle: https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/products/9783407792648.jpg
Finsterbusch, Monika
Prinzessin Lillifee und das kleine Reh
Münster: Coppenrath Verlag 2009
32 Seiten
ab 3 Jahren
Das Kinderbuch „Prinzessin Lillifee und das kleine Reh“ spielt im Blütenschloss der Hauptfigur Lillifee, in dem sie und ihre Mäuse Cindy und Clara leben.
Eines Nachts werden die drei Freunde von einem Gewitter und einer gespenstischen Gestalt geweckt. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass es sich bei dem vermeintlichen Gespenst um ein Rehkitz handelt, welches von der mürrischen Hexe Alba gefangen genommen wurde. Prinzessin Lillifee und die Mäuse befreien das Rehkitz schnell. Bald stellt sich jedoch heraus, dass nicht nur das Rehkitz Lillifees Hilfe braucht, sondern auch die Hexe Alba, die nicht ohne Grund mürrisch ist.
Das Kinderbuch thematisiert sowohl Hilfsbereitschaft und Freundschaft als auch eine Kritik an vorschnell gefällten Vorurteilen. Lillifee und ihre Freunde denken zunächst, dass die Hexe das Rehkitz aus reiner Bosheit gefangen hält. Am Ende stellt sich jedoch heraus, dass sie nur die Hilfe des Rehkitzes braucht und es auch einen Grund für ihre mürrische Laune gibt. Die Figur Lillifee übernimmt hier eine Vorbildfunktion: Sie ist unvoreingenommen und versucht allen zu helfen.
Alina Rueß
Sauermann, Marcus/Heidschötter, Uwe
Der Kleine und das Biest
Leipzig: Klett 2012
40 Seiten
ab 4 Jahren
Das Kinderbuch „Der Kleine und das Biest“ von Marcus Sauermann und Uwe Heidschötter thematisiert den Alltag eines Kindes nach der Trennung seiner Eltern. Die Mutter wird als Biest beschrieben, da sie offensichtlich stark psychisch belastet ist und im Alltag meist nur noch apathisch handelt. Der Junge fühlt sich in der Verantwortung, der Mutter eine gute Stütze zu sein. Er übernimmt die täglich anfallenden Aufgaben und versucht sie am Tagesende zu trösten. Auch der Vater ist unzufrieden mit der Situation. Der Junge versucht die Wogen zwischen seinen Eltern zu glätten und beiden ein gutes Gefühl zu geben, obwohl er dabei selbst nicht glücklich ist. Durch Unternehmungen mit einer alten Freundin schafft es die Mutter sich vom Biest wieder in die Mutter zu verwandeln. Es geht ihr wieder besser und sie findet eine neue Liebe. Der Junge weiß, dass sein Vater noch ein bisschen Zeit braucht und versucht so lange, das Beste aus der Situation zu machen.
Das Kinderbuch zeigt auf, dass nach einer belastenden Phase auch wieder bessere Zeiten kommen werden. Beide Elternteile können unterschiedlich mit der Trennung umgehen und unterschiedlich viel Zeit brauchen, um diese zu verarbeiten. Eventuell werden sie mehr Zeit mit Bekannten verbringen oder sogar neue Partner:innen finden.
Lorena Schweikart
Sis, Peter
EIN HUND FÜR MADLENKA
München: Carl Hanser 2002
40 Seiten
Ab 3 Jahren
Das Bilderbuch „Ein Hund für Madlenka“ handelt von einem Mädchen, das in einer Stadt lebt und dessen größter Wunsch ein eigener Hund ist. Ihre Eltern halten allerdings nicht viel davon. Eines Tages hat Madlenka eine Idee. Sie schnappt sich eine Hundeleine und zieht durch die Straßen, um den Bürgern der Stadt ihren erfundenen Hund zu zeigen, die bereit sind mitzuspielen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Es gibt eine klare Struktur der Handlung, sie ist also einsträngig organisiert. Zuerst trifft Madlenka auf den Bäcker Gaston, der ihren Hund freundlich begrüßt. Anschließend begegnet sie Herrn McGregor, Herrn Eduardo und einem Touristen, die ihren Hund alle unterschiedlich beschreiben. So erklärt Herr McGregor den Hund für klein und weiß, während Herr Eduardo einen großen wolligen sieht. Danach läuft Madlenka noch einem Musiker, einer alten Dame und einer Künstlerin über den Weg, bevor sie einer Freundin namens Cleopatra begegnet, die erklärt, dass sie ein Pferd hat. Zusammen spielen die beiden im Hof, bevor Madlenka nach Hause gerufen wird. Sinnbildlich für all die verschiedenen Eindrücke und Vorstellungen der Stadtbewohner folgen Madlenka auf dem Weg nach Hause eine ganze Menge unterschiedlicher Hunde, bevor sie im Türrahmen erscheint und verkündet, dass sie wieder daheim ist.
Zu Beginn des Buches wird der Betrachter mithilfe von Bild und Text in Madlenkas Welt eingeführt. Von der Abbildung der Erde zu einem Bild von Manhattan zu Madlenkas Hausfront entsteht eine Art Zoom, mit dem die Lebenswelt des Kindes in den Mittelpunkt gestellt wird. Während in der Einleitung ein auktorialer Erzähler in die Handlung einführt, so besteht im weiteren Verlauf des Buches die Erzählsituation aus wörtlicher Rede von Madlenka, ihren Freunden und Eltern. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass die Bilder, die den Textanteil stark überwiegen, hauptsächlich in schwarz-weiß gehalten sind. Nur Madlenka selbst, die verschiedenen Hunde, ihre Freundin und die Fantasiewelt, in die die beiden abtauchen, ist farbig gestaltet. Dies verleiht der Vorstellungskraft der Charaktere noch stärkeren Ausdruck. Zudem befindet sich rechts oben im Bild ein kleines Quadrat, in dem der Häuserblock abgebildet wird und mit Punkten gekennzeichnet ist, wo sich Madlenka und ihre Freunde befinden. Auffallend sind zudem die aufklappbaren Gegenstände der Stadtbewohner, worin sich die individuellen Vorstellungen und Erfahrungen zum Thema Hund abzeichnen. Auf der letzten Seite befindet sich eine Übersicht mit allen Protagonisten und einer umfassenden Beschreibung diverser Hunderassen. Generell herrscht eine Parallelität von Text und Bild, Bild- und Schrifttext ergänzen und erweitern sich also wechselseitig.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Buch an Vorerfahrungen von Kindern anknüpft, da jedes Kind einen heimlichen Traum hat, der oftmals in der Realität nicht realisierbar ist. Madlenkas Geschichte ist also sehr leicht auf die individuelle Lebenswelt der Kinder zu übertragen, da sie sich mit der Protagonistin identifizieren können. Es zeigt ihnen, wie stark Fantasie sein kann und dass sie an ihre Träume glauben sollen. Auch das Thema Freundschaft hat einen großen Stellenwert und zeigt, wie bereichernd der Austausch mit anderen Menschen und deren persönlichen Geschichten und Vorstellungen ist. Die lebendigen Illustrationen sowie das Umklappen kleiner Einheiten laden zum Entdecken und Fantasieren ein.
Lena Schmid
Kinder- und Jugendbücher
Gmehling, Will
Freibad. Ein ganzer Sommer unter dem Himmel
Verlag: Peter Hammer
160 Seiten
ab 10 Jahren
Die Geschwister Robbie, Katinka und Alf Bukowski bekommen als Dank für ihre mutige Rettung eines Kleinkindes, das im Hallenbad fast ertrunken wäre, Freikarten für die Freibadsaison. Normalerweise hätten sie sich das nicht leisten können, weshalb die Euphorie groß ist. Sie haben es nicht immer leicht, machen aber aus allem das Beste und halten als Geschwister zusammen. Alle drei setzen sich eigene Ziele, die sie bis zum Ende des Sommers erreichen wollen. Will Gmehling erzählt von den spannenden Abenteuern der Bukowskis, bei denen sie auf die unterschiedlichsten Menschen treffen. Dabei gelingt es Gmehling in einer humorvollen, leichten Art sogar schwierige Themen kindgerecht anzusprechen.
Persönliche Erfahrungen: Das Buch ist für Kinder ab 10 Jahren geeignet. Mein kleiner Bruder (11 Jahre alt, 5. Klasse) hat es innerhalb von drei Tagen verschlungen und fragte mich direkt im Anschluss, wann unser Freibad dieses Jahr endlich öffnen wird. Besonders gefallen haben ihm die lustigen Beschreibungen der Erwachsenen durch die Bukowskis und die alltäglichen Abenteuer im Freibad, die er selbst auch schon so erlebt hat, wie zum Beispiel das Springen vom 5m-Turm: wie viel Angst man anfangs hat, was für ein Kribbeln man beim Springen spürt und wie stolz man danach auf sich ist. Als erwachsene*r Leser*in wird man an seine eigenen schönen Kindheitsmomente im Freibad erinnert.
Hinweise für den Deutschunterricht: Das Kinderbuch eignet sich besonders für den Deutschunterricht in der 4. und 5. Klasse, ist sprachlich geprägt von einem einfachen Satzbau und wenigen Fremdwörtern. Auf unbeschwerte Weise werden Themen wie Armut, Rassismus und Inklusion aus kindlicher Perspektive behandelt. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Charaktere können Schüler*innen vor allem die verschiedenen Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen.
Katharina Prang
Bildquelle: Katharina Prang
Link zum Verlag: https://www.peter-hammer-verlag.de/buchdetails/freibad
KNISTER
Hexe Lilli und das Geheimnis der Mumie
Würzburg: Arena Verlag 2014
112 Seiten
ab 7 Jahren
„Hexe Lilli und das Geheimnis der Mumie“ ist ein Kinderbuch einer Kinderbuchreihe, das vom Autor KNISTER (Künstlername für Ludger Jochmann) verfasst wurde.
Die Grundschülerin Lilli besitzt ein geheimes Hexenbuch, durch welches sie spannende Abenteuer erlebt. Wegen eines Gipsverbandes am Arm von Lillis jüngeren Bruder Leon wird das Interesse der beiden Kinder für das Thema Mumien geweckt. Ihre Mutter vereinbart mit Lillis Lehrerin, dass die Klasse die Pharaonen-Sonderausstellung im Museum besuchen kann. In der Ausstellung wird den Kindern aus dem Tagebuch eines Professors vorgelesen, der sich auf einer Expedition in Ägypten befand. Dabei bleibt ein Rätsel ungelöst, wie eine Mumie einen Steinsarg verlassen konnte, ohne dass jemand jemals zuvor die Grabkammer des Pharaos betreten hatte. Lilli will das Geheimnis lüften und benötigt dazu einen Gegenstand aus dieser Zeit von diesem Ort. Sie entwendet ein Sandkorn, mit dessen Hilfe sie in die Vergangenheit reist. Auf ihrer Zeitreise kommt sie dem Rätsel auf die Spur.
Die Schrift des Buches ist überdurchschnittlich groß und auf den einzelnen Seiten ist der Text übersichtlich gestaltet. Einzelne Wörter und Zeichnungen sind durch verschiedene Farben und Größen hervorgehoben. Durch diese formale Gestaltung wird den Leser*innen der Einstieg in das Lesen erleichtert. Der auktoriale Erzähler führt die Leser*innen durch das Buch. Der Schwierigkeitsgrad der verwendeten Sprache variiert. So werden Leser*innen zum Beispiel mit eventuell nicht leicht zu verstehenden Wörtern wie „Gastreferenten“ (S. 37), „Museumspädagoge“ (S. 40) oder „Fratzen“ (S. 84) konfrontiert. Die Syntax ist maßgeblich gekennzeichnet von Hauptsätzen.
Der Charakter der mutigen, aber nicht immer furchtlosen Lilli bietet besonders Leserinnen die Chance, sich mit der Protagonistin zu identifizieren. Deshalb sind wir der Meinung, dass sich dieses Buch vordergründig an Mädchen im Grundschulalter richtet. Das Buch kann auf Grundlage seiner zeitlosen, spannenden und informativen Erzählung die Leser*innen in die literarische Welt entführen.
Alena Paula Dämpfle, Elena Fetscher und Lisa Müller
Bildquelle: https://www.arena-verlag.de/artikel/hexe-lilli-und-das-geheimnis-der-mumie-978-3-401-06943-2
KNISTER
Hexe Lilli und das wilde Indianerabenteuer
Würzburg: Arena Verlag 1997
102 Seiten
ab 7 Jahren
Lilli ist kein gewöhnliches Mädchen. Sie besitzt ein geheimes Hexenbuch, mit dem sie sich in unterschiedliche Abenteuer hexen kann. Vor ein paar Monaten hatte sie sich bereits in den wilden Westen gehext und dort geholfen, eine gefährliche Diebesbande hinter Gitter zu bringen. Eines Nachts hext sie sich zurück in den wilden Westen und landet in Zilli Concarnes Vorratskammer. Es hat sich seit ihrem letzten Besuch viel verändert. Die Bewohner der Stadt stehen in Streit mit den Indianern, da diese in räuberischer Manier die Lieferungen abfangen. Das ist der Grund, warum es in der Stadt keinen Tabak, keinen Whiskey, keine Lollis und keine Windeln mehr gibt. Obwohl die Beute nie bei den Indianern gefunden wurde, malen die Stadtbewohner die Pferde der Indianer grün an, kappen ihnen die Wasserleitungen und werfen stinkende Fische in ihre Zelte. Lilli ist sofort klar, dass hier etwas faul ist. Deshalb reiten Zilli und Lilli zu den Indianern, um mit diesen zu verhandeln. Allerdings sind die Indianer gar nicht erfreut über deren Besuch, weshalb der Plan zu scheitern droht. Schaffen Zilli und Lilli es trotzdem, die Stadt zu retten und den Dieb zu finden?
Die Protagonistin Lilli verkörpert ein kluges, mutiges und vor allem authentisches Mädchen. Mit der spannenden Abenteuergeschichte werden Leser*innen verschiedenen Alters angesprochen.
Lara Hutt und Lena Konstanzer
Kästner, Erich
Das doppelte Lottchen
Berlin: Dressler Verlag 1959
169 Seiten
ab 10 Jahren
Der Roman „Das doppelte Lottchen“, eines der bekanntesten Kindergeschichten des deutschen Schriftstellers Erich Kästner, handelt von der Begegnung zweier identisch aussehender, neunjähriger Mädchen in einem Ferienlager. Dieses Aufeinandertreffen wird im Verlauf der Geschichte ihre Leben ordentlich auf den Kopf stellen.
In einem Sommerlager in Seebühl am Bühlsee treffen die sich äußerlich gleichenden, aber charakterlich gegensätzlichen Mädchen aufeinander. Luise Palfy, die äußerst selbstbewusste Tochter eines Komponisten aus Wien, ist empört darüber, dass die ruhige Lotte Körner aus München es wagt, mit dem gleichen Gesicht wie sie daherzukommen. Doch nach dem anfänglichen Konflikt finden die Mädchen zueinander und stellen fest, dass sie Schwestern sind, deren Eltern sich getrennt haben. Von dem Wunsch getrieben, Vater bzw. Mutter kennenzulernen, beschließen die Mädchen, ihren Eltern etwas vorzuspielen und ihre Namen, Frisuren, Kleider und Leben zu tauschen.
Eine Geschichte von Zwillingen, deren Themen auch heute noch aktuell sind. Sie befasst sich mit einer eher traurigen Thematik, die sich um die Trennung und das Zusammenfinden der Erwachsenen dreht. Das Erleben der Kinder wird dabei stets in den Blick genommen. Daher spricht das zeitlose Kinderbuch auch die heutigen Kinder an, da viele Heranwachsende durch eine Trennung bei nur einem Elternteil aufwachsen und somit die Entscheidung ihrer Elternteile akzeptieren müssen.
Friederike Janetschek und Lara Jasmin Metzger
Pressler, Mirjam
Jessi - Drei Dackel bringen Glück
Ravensburg: Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH 1988
63 Seiten
ab 6 Jahren
Was für ein Glückstag: Die Grundschülerin Jessi sieht eines Morgens drei Dackel hintereinander! Der anfangs normale Tag wird für sie zu einem Glückstag, an dem sie drei Wünsche – wie in einem Märchen – frei hat. Jessi will ihr Glück für ihre Familie und Freunde einsetzen. Fest überzeugt von ihrem Glück trifft sie Entscheidungen, die sie im Verlauf der Geschichte noch an ihrem Glück zweifeln lassen.
Die 1940 in Darmstadt geborene Autorin Mirjam Pressler schreibt in diesem Roman von einem vermeintlichen Glückstag, den viele Menschen – und speziell Kinder –aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse schonmal erlebt haben. Inhaltlich ist die Geschichte leicht zugänglich, hat aber dennoch einen herausfordernden Tiefgang, da am Ende nicht alles nach Jessis Vorstellungen verläuft.
Die schwarzweißen Illustrationen, die von Gitte Spee gezeichnet wurden, sind sehr kindgerecht und ästhetisch ansprechend gestaltet. Der hohe Umfang an Illustrationen kann den Übergang vom Bilderbuch zum illustrationsfreien Buch unterstützen.
Ulrich Remke und Lia Scholl
Kästner, Erich
Das doppelte Lottchen
Berlin: Dressler Verlag 1959
169 Seiten
ab 10 Jahren
Der Roman „Das doppelte Lottchen“, eines der bekanntesten Kindergeschichten des deutschen Schriftstellers Erich Kästner, handelt von der Begegnung zweier identisch aussehender, neunjähriger Mädchen in einem Ferienlager. Dieses Aufeinandertreffen wird im Verlauf der Geschichte ihre Leben ordentlich auf den Kopf stellen.
In einem Sommerlager in Seebühl am Bühlsee treffen die sich äußerlich gleichenden, aber charakterlich gegensätzlichen Mädchen aufeinander. Luise Palfy, die äußerst selbstbewusste Tochter eines Komponisten aus Wien, ist empört darüber, dass die ruhige Lotte Körner aus München es wagt, mit dem gleichen Gesicht wie sie daherzukommen. Doch nach dem anfänglichen Konflikt finden die Mädchen zueinander und stellen fest, dass sie Schwestern sind, deren Eltern sich getrennt haben. Von dem Wunsch getrieben, Vater bzw. Mutter kennenzulernen, beschließen die Mädchen, ihren Eltern etwas vorzuspielen und ihre Namen, Frisuren, Kleider und Leben zu tauschen.
Eine Geschichte von Zwillingen, deren Themen auch heute noch aktuell sind. Sie befasst sich mit einer eher traurigen Thematik, die sich um die Trennung und das Zusammenfinden der Erwachsenen dreht. Das Erleben der Kinder wird dabei stets in den Blick genommen. Daher spricht das zeitlose Kinderbuch auch die heutigen Kinder an, da viele Heranwachsende durch eine Trennung bei nur einem Elternteil aufwachsen und somit die Entscheidung ihrer Elternteile akzeptieren müssen.
Friederike Janetschek und Lara Jasmin Metzger
Kordon, Klaus
Die Reise zur Wunderinsel
Weinheim: Beltz & Gelberg 1983
222 Seiten
ab 8 Jahren
Mit den Worten „Es war einmal …“ beginnt Klaus Kordon seinen abenteuerlichen Roman über die Reise der Familie Pitt. Die märchenhafte Erzählung der Abenteuer beruhe auf einer wahren Begebenheit, was durch den Untertitel „Eine fast wahre Geschichte“ und direkt zu Beginn der Erzählung suggeriert wird. Dies fordert das Fiktionalitätsbewusstsein der Leser*innen heraus, denn es soll darüber nachgedacht werden, welche Teile der Geschichte nun wahr sind und wie wenig dies doch von Bedeutung ist, je länger man die Reise der Figur Silke verfolgt.
Das Kinder- und Jugendbuch handelt von den Eltern Pitt und ihrer neunjährigen Tochter Silke – eine durchschnittliche Familie, die am Rande eines Industriegebiets wohnt und sich eines Tages einem schlimmen Schicksal stellen muss. Silke ist sterbenskrank. Nachdem ihr Arzt keine Hoffnung auf Heilung sieht, beschließen Silkes Eltern, ihr ihren größten und letzten Wunsch zu erfüllen. Und mit genau diesem Wunsch beginnt das Abenteuer der Familie Pitt.
Nachdem die Eltern all ihre Möglichkeiten ausschöpfen und sogar ihr Haus dafür verkaufen, geht es also los: von Deutschland nach Athen, von dort aus schließlich per Segelboot in die Südsee. Mit klarem Plan setzt das Schiff die Segel, doch was nützen Pläne, wenn die Welt so unberechenbar ist? Das muss auch die Familie Pitt feststellen und wagt sich durch neue Freundschaften und Familienmitglieder auch in Stürme und fremde Länder und erkennt ganz nebenbei die Schönheit der Natur wieder. Von typischem Segeljargon, über den Umgang mit einer vermeintlich unheilbaren Krankheit, bis hin zu einem Naturerlebnis der Extraklasse, lässt Kordon nichts aus und zieht uns so in seinen Bann. Die Erzählung endet unerwartet in einem Wunder, von dem keiner zu träumen gewagt hätte.
Eine Geschichte, die nicht an Aktualität verliert, Themen wie Krankheit, Tod und Umweltbelastung kindgerecht behandelt und bei der die Hoffnung auf ein gutes Ende nie verloren geht.
Ronja Henschel, Paula Janouschek und Fabienne Müller
Bildquelle: https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/products/9783407741059.jpg
Boie, Kirsten
Wir Kinder aus dem Möwenweg
Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 2000
172 Seiten
ab 8 Jahren
Die achtjährige Tara ist vor kurzem mit ihrer Familie in ein Reihenhaus gezogen und erzählt nun von ihrem neuen Leben im Möwenweg. Schnell lernen sie ihre Nachbarn kennen und die Kinder schließen Freundschaften. Gemeinsam erleben sie viele Abenteuer, die aus der Perspektive Taras erzählt werden. Die Leser*innen erleben mit, wie sie eine Fahrradtour an den See unternehmen, ihren eigenen Imbiss aufbauen, gemeinsam ein Sommerfest feiern und vieles mehr.
Freundschaft hat einen großen Stellenwert in diesem Buch: So wird zuerst beschrieben, wie Tara ihre neue beste Freundin Tieneke findet und wie beide Freundschaften mit den anderen Nachbarskindern schließen. Jedoch kommt es im Möwenweg auch immer wieder zu Reibereien zwischen den Geschwistern. Es werden immer wieder Klischees aufgelöst, wenn z. B. Tienekes Papa manchmal als Hausmann agiert oder Leser*innen darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Farbauswahl unabhängig vom Geschlecht ist.
In „Wir Kinder aus dem Möwenweg“ lassen sich viele Parallelen zu dem Klassiker „Die Kinder aus Bullerbü“ erkennen, allen voran der ähnliche Titel. Jedoch wird auch klar, dass sich das Leben innerhalb eines Jahrhunderts sehr verändert hat. So leben die Familien nicht mehr auf dem Bauernhof, sondern in Reihenhäusern und es werden verschiedene Familienkonstellationen abgedeckt (Alleinerziehende, Einzelkinder, kinderlose Paare etc.). Wie auch in Bullerbü wird die Geschichte von einem Kind aus der Ich-Perspektive erzählt, was den Leser*innen ein gewisses Identifikationspotential bereithält.
Einerseits zeigt sich das gemeinsame Leben von Tara und ihren Freunden als ein Wunschtraum kindlicher Leser*innen, andererseits ist auch im Möwenweg nicht alles perfekt: Tara und ihre Freunde lassen sich jedoch von nichts unterkriegen und erleben in sieben weiteren Büchern dieser Reihe vieles mehr.
Laura Bulling und Rebecca Tränkle
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/wir-kinder-aus-dem-moewenweg/9783789131387
Dahl, Roald
Hexen hexen
Reinbeck: Wunderlich 1986
185 Seiten
ab 10 Jahren
In dem Buch „Hexen hexen“ erzählt ein Achtjähriger von einem Abenteuer, durch welches sein Leben eine drastische Wendung nimmt.
Bei einem Autounfall verliert er seine Eltern und wird nun von seiner Großmutter betreut. Diese erzählt dem Jungen viele Geschichten, vor allem von der Gefahr, die von Hexen ausgeht: Hexen, ECHTE Hexen, würden Kinder hassen und diese vernichten. Um ihren Enkel zu schützen, erklärt die Großmutter, wie man diese Hexen erkennen kann. Dies ist sehr schwierig, da sie sich wie gewöhnliche Frauen aussehen und sich auch so.
Durch einen Kuraufenthalt der Großmutter in einem Hotel landet der Protagonist versehentlich mitten in einer Versammlung aller Hexen Englands. Diese planen die Vernichtung aller Kinder Englands, indem sie in Mäuse verwandelt werden. Am Ende dieser Zusammenkunft wird er von den Hexen entdeckt und in eine Maus verwandelt. Der Junge, der zwar seine äußere Gestalt, aber nicht seine Sprache oder seinen Charakter verlor, zieht nun mit seiner Großmutter los, um die Hexen zu bekämpfen und so die Kinder Englands zu schützen.
Ein zentrales Thema in dem Roman ist der Mut, den der Protagonist aufbringt, indem er seine eigenen Ängste überwindet, um andere zu schützen. Auch die Liebe wird thematisiert, die sich u. a. in der steten Zuversicht der Figuren widerspiegelt. Obwohl die in einfacher Sprache gehaltene Geschichte eine düstere Stimmung aufweist, schafft es Roald Dahl, dass viele Szenen den Leser amüsieren oder mindestens nur selten als tatsächlich gruselig wahrgenommen werden. Besonders hervorzuheben ist das offene Ende des Buchs, das Raum für weitere Vorstellungsbildungen lässt.
Amelie Fietze und Theresa Schropp
Siegner, Ingo
Der kleine Drache Kokosnuss – Expedition auf dem Nil
München: cbj 2015
69 Seiten
ab 6 Jahren
Der Feuerdrache Kokosnuss, der Fressdrache Oskar und das Stachelschwein Matilda sind drei Freunde auf der Dracheninsel und reisen nach Ägypten in die Zeit vor 4500 Jahren, um den Pharao zu besuchen. Auf der Reise treffen sie den jungen Nubier Schabako, dem sie helfen wollen, seinen Vater aus dem Kerker des Pharaos zu befreien, den Händler Schepi, den sie vor einem Löwen retten, und den Pharao Chephren, der sie einsperrt.
Das Buch ist kindgerecht mit ansprechenden Illustrationen, in altersgemäße Sprache und durch lesevereinfachende formale Strukturen verfasst. Des Weiteren erklären Fußnoten geschichtliche Rahmenbedingungen sowie inhaltliche Unklarheiten aus anderen Bänden, sodass man dieses Buch ohne Vorwissen zur Geschichte des Alten Ägypten oder des Drachen Kokosnuss lesen kann.
Erzählt wird die Freundschaft zwischen verschiedenen Lebewesen, ein Thema, das bei Kindern in der Regel Interesse wecken sollte. Die Drachen und das Stachelschwein werden als fantastische Wesen personifiziert dargestellt und wirken wie “ganz normale” Kinder, wodurch die jungen Leser:innen sich diesen besonders nahe fühlen können. Das Geschehen wird auf einer kindlichen Ebene in einen historischen Rahmen gebettet, wodurch die Kinder zum einen in den Genuss des Lesens kommen und zum anderen erste Berührungspunkte mit der Zeit des Alten Ägypten erleben.
Fabian Erb und Bruno Rudolphi
Siegner, Ingo
Der kleine Drache Kokosnuss und das Geheimnis der Mumie
München: cbj 2010
80 Seiten
ab 6 Jahren
Das Kinderbuch „Der kleine Drache Kokosnuss und das Geheimnis der Mumie“ von Ingo Siegner wurde von cbj 2010 als 13. Band der Reihe herausgegeben.
Auf der Dracheninsel treffen der kleine Drache Kokosnuss und seine Freund*innen Matilda und Oskar auf den berühmten Forscher Professor Champignon, der das Geheimnis des alten Ägypten lösen möchte. Zusammen machen die Vier sich auf die Reise nach Ägypten. Dort wird der Professor von zwei Räubern entführt. Die Rettung gelingt den Freund*innen nur durch Zusammenarbeit und kreative Lösungswege. Zusammen retten sie nicht nur den Professor, sie können sogar den Schatz vor den Räubern retten.
Die Geschichte des kleinen Drachen handelt von Mut und Freundschaft. Im Vordergrund steht vor allem ihr Zusammenhalt, mit dem sie allerlei Herausforderungen überwinden können. Für junge Leser*innen ist dies ein guter Anreiz, um über den Wert von Freundschaft nachzudenken. Durch die zusätzliche Personifikation der Tiere wird ein Identifikationspotenzial geschaffen, wodurch die Geschichte für die Kinder nahbarer wird.
Das Buch wurde in altersgemäßer Sprache verfasst und bezieht die wörtliche Rede mit ein, wodurch die Geschichte lebendiger wird. Durch die farbenfrohen Illustrationen wird die Erzählung visuell unterstützt. Die Fußnoten im Text helfen beim Verständnis, sollten die anderen Bände der Reihe unbekannt sein.
Lilly Maier
Siegner, Ingo
Der kleine Drache Kokosnuss kommt in die Schule
München: cbj 2012 (3. Auflage)
68 Seiten
Ab 6 Jahren
Der kleine Drache Kokosnuss hat heute seinen ersten Schultag. Mit einer großen, bunten Schultüte in den kleinen Drachenhänden macht er sich, begleitet von Mama und Papa, ganz aufgeregt auf den Weg zur Schulhöhle. Auf dem Weg dorthin lernt er zufällig einen kleinen Fressdrachen namens Oskar kennen, der jedoch nicht wie Kokosnuss das Glück hat, die Schule besuchen zu dürfen, denn Fressdachen, wie er einer ist, gehen bekanntlich nicht in die Schule. Oskar und Kokosnuss freunden sich an und Kokosnuss überredet ihn, heimlich in die Schulhöhle zu gehen. So kommt es, dass Oskar doch noch das kleine Dracheneinmaleins lernt und sogar der Klassenbeste im Schwimmen wird. Schlussendlich schaffen es die beiden sogar, Oskars Eltern von der Nützlichkeit der Schule zu überzeugen und Oskar darf die anderen kleinen Drachenschüler mit auf den ersten Klassenausflug zur Schildkröteninsel begleiten.
Das Abenteuer ist kindgerecht, spannend und detailliert erzählt. Mithilfe vieler ansprechender Illustrationen können sich die Kinder mit den kleinen Drachen gut identifizieren. Vom Inhalt der Schultüte bis hin zu den Unterrichtsstunden gibt es viele Parallelen zum Schulalltag der kleinen Leser:innen zu entdecken.
Die Charaktere sind liebevoll gestaltet und der Mut, die Hilfsbereitschaft und die Zusammenarbeit der Drachenkinder Kokosnuss und Oskar ziehen sich durch das gesamte Buch und fungieren somit als starkes Vorbild für die kleinen und auch großen Leser:innen.
Silke Lehleiter und Amelie Weiler
Lindgren, Astrid
Wir Kinder aus Bullerbü
Hamburg: Friedrich Oetinger 1954
110 Seiten
ab 6 Jahren
Das Kinderbuch „Wir Kinder aus Bullerbü“ ist der erste Band einer Kinderbuchreihe von Astrid Lindgren und nimmt die Leser:innen mit in ein schwedisches Dorf im beginnenden 20. Jahrhundert. Das Buch besteht aus 17 kurzen Kapiteln, die in sich abgeschlossene Geschichten beinhalten. Es erschien erstmals 1947 bei Rabén Sjögren in Stockholm, später dann auch in Deutschland.
„Oh, wie haben wir es schön in Bullerbü!“, findet die siebenjährige Lisa, die mit ihren großen Brüdern Lasse und Bosse und ihren Freunden Ole, Inga und Britta in einem kleinen schwedischen Dorf aufwächst, welches aus lediglich drei Höfen besteht – dem Nordhof, dem Mittelhof und dem Südhof. In dem Kinderbuch erlebt Lisa mit ihren Brüdern und Freunden viele kleine und große Abenteuer. Sie erzählt Geschichten von ihrem Schulweg, ihrem Geburtstag, was sie in den Sommerferien auf dem Bauernhof erlebt und wie sie mit ihrer Familie Weihnachten feiert.
Beim Lesen des Buches fühlt man sich in seine eigene Kindheit zurückversetzt. Einerseits hat man das Buch als Kind gelesen oder ähnliche Abenteuer selbst erlebt und andererseits werden die Geschichten aus der Ich-Perspektive von Lisa erzählt. Durch diese Ich-Perspektive wird die Gefühls- und Gedankenwelt des Mädchens authentisch und lebhaft dargestellt und kann durch die einfache stilistische Form bereits von kleinen Kindern gut nachvollzogen werden. Zudem sind die Sätze recht kurz und einfach gehalten, wodurch das Buch nicht nur zum Vorlesen, sondern auch zum Selberlesen für alle Altersklassen geeignet ist. Der distinktive Schreibstil und die malerische Erzählweise von Astrid Lindgren sind auch in diesem Buch klar erkennbar, was von kleinen schönen Illustrationen ergänzt wird. Die verschiedenen aufgegriffenen Themen, wie zum Beispiel Kindergeburtstag, Freundschaft, Abenteuer in der eigenen Lebenswelt und viele mehr, sind auch heute noch aktuell. Gerade deswegen fördert der Unterhaltungswert des Buches „Wir Kinder aus Bullerbü“ die Lesemotivation.
Für den Deutschunterricht ist das Buch insbesondere in der 1. Klasse zum Vorlesen oder in der 2. Klasse ab circa 7 Jahren zum Selberlesen geeignet, da die Schriftgröße relativ groß ist und die Sätze kurz und einfach formuliert sind. Zudem werden für Kinder interessante Themen aufgegriffen, zum Beispiel mit der Szene, in der sich die Kinder verkleiden und hierbei nicht auf gesellschaftliche Rollenbilder geachtet wird. Auch wird sehr oft von der guten Beziehung der Kinder zum Großvater erzählt. Durch die Themen und die Ich-Erzählweise können sich alle Kinder mit der Protagonistin und ihren Freunden gut identifizieren.
Pia Rose, Leonie Schmidt und Julia Weiß
Nöstlinger, Christine
Die feuerrote Friederike
München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2009
98 Seiten
ab 7 Jahren
„Die feuerrote Friederike“ ist das erste Kinderbuch der 1936 in Wien geborenen Autorin Christine Nöstlinger. Illustriert wurde das Werk mit zweifarbigen Bildern der Autorin selbst. Das Buch thematisiert die Bedeutung von Offenheit und Empathie gegenüber Unbekanntem.
Friederike ist ein kleines Mädchen, welches sich stark von anderen unterscheidet. Sie hat tomatenrote, karottenrote oder auch weinrot schimmernde Haare. Diese führen dazu, dass sie von ihrem Umfeld ausgelacht und verspottet wird, was ihr zunächst sehr zu schaffen macht. Die einzigen Menschen, die sie so akzeptieren wie sie ist, sind ihr einziger Freund, der farbenblinde Postbote Bruno, ihre dicke Tante Annatante und die sprechende Katze Kater. Ihr Schicksal wendet sich, als sie herausfindet, dass ihre roten Haare besondere Kräfte haben. Sie versucht sich mit Hilfe der Kräfte zu wehren, doch merkt schon bald, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt und somit keine Lösung ist. Letztendlich findet sie einen Brief ihres Vaters, der ihr dabei hilft, das Problem zu lösen. Dieser stellt sie zunächst jedoch vor so einige Herausforderungen.
Die enthaltenen phantastischen Elemente in der Geschichte machen Lust auf das Lesen und regen die Vorstellungen der Leser:innen an. Mit Mobbing und Hänseleien werden zeitlose Themen behandelt, weshalb Kinder sich gut in die Protagonistin hineinversetzen können. Die Autorin gibt die Brutalität gegenüber Friederike schonungslos wieder, schreibt dabei jedoch in einer für die Kinder angemessenen Sprache.
Hanna Braun und Tanja Kneer
Härtling, Peter
Das war der Hirbel
Weinheim und Basel: Beltz 1973
63 Seiten
ab 9 Jahren
Hauptfigur des Buches ist ein Junge namens Hirbel. Er lebt in einem Übergangsheim am Stadtrand und ist nicht wie die anderen Kinder. Hirbel ist krank, hat unter anderem starke Kopf- und Bauchschmerzen, oft Wutanfälle, ist zornig und schreit. Seine Mutter besucht ihn nur selten, seinen Vater kennt er nicht. Pflegefamilien haben ihn nicht lange ausgehalten, deshalb war er schon in vielen Heimen und aufgrund seiner Krankheit auch in Kliniken. Er fühlt sich von niemandem verstanden. Alle halten ihn für dumm und denken, dass er nichts kann und auch nichts lernen kann. Dabei kann er viel mehr als alle denken und weiß das auch: Zum Beispiel kann er sehr gut singen, was ihm Freude bereitet – doch nur wenn er Lust hat. Er hat gelernt, sich an den Alltag im Heim anzupassen, wem er trauen kann und wem er aus dem Weg gehen sollte. Er spielt die Spiele mit den Psychologinnen, die er auswendig kann und deshalb so spielt, wie die Psychologinnen es gut finden. Er kann sehr schnell rennen und obwohl er recht klein ist, hat er viel Kraft und kann sich gegenüber den anderen Kindern durchsetzen. Obwohl diese oft über Hirbel lachen, haben sie wegen seiner Launen und Anfälle Respekt vor ihm. Er hat keine Freunde, nur Georg, der älteste Junge im Heim, kümmert sich um ihn. Außerdem hat er Fräulein Maier, eine Pflegerin, die Hirbel besonders gernhat und sich seiner annimmt.
Das Buch zeigt mit der Figur Hirbel die Realität vieler Kinder, mit denen die Gesellschaft nicht zurechtkommt, die von einer Pflegefamilie in die nächste abgeschoben werden, nirgends „hineinpassen“ und in Heimen landen. Schonungslos werden die Probleme des jungen Protagonisten aufgezeigt, wie oft vorschnell über ihn geurteilt wird und wie wenige versuchen, seine guten Seiten zu sehen. Durch den personalen Erzähler wird es den Leser:innen ermöglicht, sich in Hirbel hineinzuversetzen. Sie sehen seine Sicht der Dinge, seine Gedanken und Gefühle und lernen seine Persönlichkeit kennen. So zeigt sich, dass Hirbel sich trotz seiner Krankheit Gedanken über seine Umwelt macht, weiß was er mag und was nicht. Er weiß, dass er anders, aber nicht ‚schlechter‘ ist als die anderen Kinder und dass er trotzdem ernst genommen werden will. Durch graphische Darstellungen einzelner Szenen wird die Vorstellungsbildung der Leser:innen zusätzlich unterstützt.
Das Buch kann eher als Unterrichts- denn als Freizeitlektüre empfohlen werden, da die schwierige Thematik einer Anschlusskommunikation bedarf, um Fragen und Unklarheiten der kindlichen Leser:innen aufgreifen zu können. Das Nachwort des Autors bietet hierbei eine erste Unterstützung: Härtling selbst beantwortet darin einige Fragen seiner Leser:innen. Zu beachten ist beim Verstehen der Aussagen jedoch, dass die Erstausgabe des Buches vor vielen Jahrzehnten erschienen ist und sich die Fragen heutiger Kinder sowie die Antworten darauf aufgrund der Weiterentwicklung in unserer Gesellschaft verändert haben werden.
Katharina Regner
Bildquelle: www.beltz.de/kinder_jugendbuch/produkte/details/41939-das-war-der-hirbel.html
Rowling, Joanne K.
Harry Potter und der Stein der Weisen
Hamburg: Carlsen Verlag 2005
336 Seiten
ab 10 Jahren
Harry ist ein ziemlich gewöhnlicher Junge, der, seit er ein Baby war, bei seinen Verwandten in der kleinen Besenkammer unter der Treppe lebt. Doch an seinem 11. Geburtstag kommt alles anders. Er erfährt, dass er einer der berühmtesten jungen Zauberer der Welt ist – er ist Harry Potter. Doch das ist noch nicht alles: Ab diesem Jahr wird er auf die Schule für Hexerei und Zauberei nach Hogwarts gehen. Bereits nach kurzer Zeit lernt Harry Ronald Weasley und Hermine Granger kennen, die fortan seine besten Freunde sind. Auf ihren täglichen Streifzügen durch das Schloss Hogwarts stoßen sie auf magische Wesen und Geheimnisse. Hinter einer verbotenen Tür entdecken sie ein schreckliches Monster: einen dreiköpfigen Hund. Doch wieso lauert so ein Ungeheuer in einer Schule? Was bewacht der Hund? Und was hat es mit der Rückkehr des meistgefürchteten Zauberers der Welt auf sich? Und die wichtigste Frage: Was hat all dies mit Harry Potter zu tun?
Harry Potter, der durch eine blitzförmige Narbe auf seiner Stirn gekennzeichnet ist, trifft auf der ersten Reise nach Hogwarts auf den eher ängstlichen Ronald Weasley. Als sie Hermine Granger, die zunächst überheblich zu sein schien, vor einem Troll retten, entsteht eine innige Freundschaft zwischen den drei unterschiedlichen Charakteren. Das Aufeinandertreffen mit dem Troll ist nur eine der vielen Herausforderungen, die Harry nur gemeinsam mit den Fähigkeiten und der Hilfe seiner Freunde meistern kann.
Dabei treffen die reale und die fiktionale Welt aufeinander. Dinge, die Leseende kennen, verändern sich oder werden von Grund auf neu definiert. So ist auch Harry anfangs überrascht, wie normal doch fliegende Autos, lebende Bilder und Drachen in seiner – für alle anderen ganz normalen – Welt sind. Joanne K. Rowling schafft es, diese zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, nahtlos ineinander fließen zu lassen.
Der Umfang des Buches sollte nicht abschrecken, dieses mit Kindern zu lesen. Die Sätze sind verständlich und kindgerecht geschrieben, so dass auch ungeübte Lesende ihre Freude am Eintauchen in die Geschichte finden können.
Jaqueline Herz, Alissa Metzger und Julian Repnow
Bildquelle: www.carlsen.de/taschenbuch/harry-potter-und-der-stein-der-weisen-harry-potter-1/978-3-551-35401-3
Richter, Jutta
Hinter dem Bahnhof liegt das Meer
München: dtv 2008
94 Seiten
ab 8 Jahren
In der Lektüre „Hinter dem Bahnhof liegt das Meer“ gibt ein Neunjähriger alles, was er besitzt her, um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Der kleine Neuner ist neun Jahre alt. Um „dem Neuen“ seiner Mutter aus dem Weg zu gehen, beobachtet er die Schatten in der Wohnung seiner Mutter. Nachdem die Lichter ausgehen, klettert er jeden Abend, durch das Küchenfenster, das Mama stets offenlässt, in die Wohnung. Eines Abends beim Beobachten der Schatten sieht Neuner eine plötzliche, heftige Bewegung, ein schnelles Helldunkel. Neuner muss zusehen, wie der große Schatten auf den kleinen einschlägt. An diesem Tag steht für Neuner zum letzten Mal das Fenster offen.
Fortan lebt Neuner auf der Straße und lernt den Stadtstreicher Kosmos kennen. Neuner vertraut Kosmos seinen Traum an, ans Meer zu wollen, denn am Meer ist Sommer. Am Meer ist es warm und am Meer gibt es Häuser, die stehen leer. Doch wer zum Meer will, muss Geld haben und das haben die zwei nicht. Eines Tages treibt es Neuner und Kosmos in die Kneipe „Caracas“. Die Besitzerin, die „Königin von Caracas“, bietet den Jungs ein Tauschgeschäft an. Sie bekommt das, was den zwei am wertvollsten ist und im Gegenzug bekommen Neuner und Kosmos genug Geld, um ans Meer zu fahren. Mit ungutem Gewissen verkauft Neuner „der Königin von Caracas“ seinen Schutzengel. Mit dem Geld in der Tasche beschließen die zwei, die Reise ans Meer anzutreten. Ob das ohne Schutzengel gut gehen wird?
Die Leser:innen erleben beim der Lektüre des Buches das Abenteuer mit Neuner und Kosmos mit. Dabei vermittelt die Geschichte ein ernstes Thema kindgerecht. Nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene ist dieses Buch geeignet, um auf die Wichtigkeit von Mitgefühl und Freundschaft aufmerksam zu machen.
Jan-Ove Bolach
Bildquelle: www.dtv.de/buch/jutta-richter-hinter-dem-bahnhof-liegt-das-meer-62357/
Richter, Jutta
Hinter dem Bahnhof liegt das Meer
München: dtv 2008
92 Seiten
ab 9 Jahren
Die Hauptfigur im Buch ist der kleine Neuner, der auf der Straße lebt. Er verließ die Wohnung, in der er mit seiner Mutter gelebt hatte, zunächst nur tagsüber, um nicht Mutters ‚Neuem‘ zu begegnen. Dieser ist ein brutaler Kerl, der sich gewalttätig zwischen den sensiblen Neunjährigen und seine Mutter stellt, damit diese ihn nicht ‚verzärtelt‘. Eines Abends muss der Junge durch das Fenster beobachten, wie seine Mutter von ihrem betrunkenen Freund niedergeschlagen wird. Neuner rettet seiner Mutter das Leben, indem er die Sanitäter ruft. Seine Mutter kommt ins Krankenhaus, er selbst flieht verängstigt nun endgültig auf die Straße, wo er sich bald dem Obdachlosen Kosmos, der etwas älter ist als er, anschließt. Neuner vertraut Kosmos seinen Traum an, ans Meer zu gehen, dort wo die Sonne scheint. Kosmos ist stark und kennt sich aus, nimmt sich Neuner an und möchte mit ihm ans Meer, um dort gemeinsam einen Kiosk zu eröffnen. Bis dahin leben sie weiter zusammen auf der Straße. An einem ihrer guten Tage gehen Neuner und Kosmos auf der Suche nach etwas zu essen in die Kneipe „Caracas". Durch Neuners kindliche Offenheit und Kosmos’ selbstbewussten Witz gelingt es den beiden, die ‚Königin von Caracas‘, die Besitzerin des Lokals, die zu Reichtum gekommen ist, zu überzeugen, sie finanziell für ihre Reise ans Meer zu unterstützen. Sie bekommt als Gegenleistung Neuners Schutzengel. Mit dem Geld können sie ihre Reise beginnen. Die Geschichte des kleinen Neuner ist damit jedoch noch nicht an einem Happy-End angelangt. Im Verlaufe des Buches muss Neuner immer wieder Tiefen durchleben. Kosmos macht sich mit dem Geld aus dem Staub. Doch kommt er, nachdem ihn Gewissensbisse plagen, wieder zu Neuner zurück und findet einen sehr kranken Neuner vor. Kosmos findet eine Villa, bei der er klingelt, die zufälligerweise der ‚Königin von Caracas‘ gehört. Mit der Hilfe der Königin wird Neuner wieder gesund. Neuner verbleibt vermeintlich erst einmal bei der Königin, weil er noch zu jung ist, und Kosmos geht ans Meer, wohin ihm Neuner später folgen möchte.
Auch wenn das Buch recht kurz ist, ist es ereignisreich, weil sehr viele kleine, emotionale Geschichten eingebettet sind. Man fühlt sehr stark mit Neuner mit. Die Sehnsucht nach einem besseren Leben, die düstere Stimmung, der feste Glauben des kleinen Neuners an seinen Schutzengel und die Entscheidung diesen trotzdem zu verkaufen für die gemeinsame Reise und den gemeinsamen Traum vom Meer.
Das Buch ist insgesamt bedrückend aufgrund der grafischen Beschreibung der Gewaltszene, der Tatsache, dass es sich beim Lokal Caracas offensichtlich um ein Bordell handelt, und dem Elend der Kinder auf der Straße. Das als Kinderbuch deklarierte Werk erfordert sicher eine ausführliche Besprechung und sollte mit Kindern gemeinsam gelesen werden, um es als Anlass zu nehmen, über die Themen, die in der Geschichte angeschnitten werden, zu sprechen. Eine Behandlung des Buches in der Grundschule muss jedoch aufgrund der düsteren und teils verstörenden Themen hinterfragt werden. Eine sehr gute Vorbereitung der im Buch angesprochenen Themen zur Lektüre mit Grundschulkindern ist sicherlich unabdingbar.
„Hinter dem Bahnhof liegt das Meer“ ist eine Leseempfehlung und sollte als All-Age-Literatur kategorisiert werden.
Lars Fischer und Steffen Prüser
Funke, Cornelia
Tintenblut
Hamburg: Dressler Verlag 2005
736 Seiten
ab 12 Jahren
Tintenblut ist der zweite Band der Tintenwelt-Trilogie, der von Cornelia Funke verfasst und illustriert wurde. Nach dem überstandenen Bücherabenteuer (Band 1: Tintenherz) sollte bei dem Buchbinder Mortimer, seiner 12-jährigen Tochter Maggie und ihrer Familie nun eigentlich Ruhe eingekehrt sein. Doch die Faszination für das Buch „Tintenherz“ lässt auch nach einem Jahr nicht nach, denn seit Maggies Mutter Resa endlich wieder nach Hause zurückgekehrt ist, unterhalten sich die beiden sehr viel über ihre Zeit in der Tintenwelt. Während Resa Zeichnungen von all den magischen Wesen und Schauplätzen anfertigt, berichtet sie Maggie voller Begeisterung von dem bunten Markt in Ombra mit seinen Spielleuten, dem Wald, der von mystischen Geschöpfen bevölkert ist sowie von der Festung des Speckfürsten und den silbernen Türmen der Nachtburg. Der Zauber des Buches „Tintenherz“ und seines Hauptcharakters Staubfinger lassen Maggie nicht mehr los. Aus Angst davor, dass dieses Buch seine Familie erneut ins Unglück stürzen könnte, untersagt Mo seiner Tochter jedoch, sich weiterhin mit dem Buch „Tintenherz“ zu befassen. Er möchte ihr am liebsten alles verbieten, was mit dieser aus seiner Sicht unsäglichen Geschichte zu tun hat. Daraufhin geraten Mo und Maggie in einen heftigen Streit miteinander. Das plötzliche Auftauchen der Figur Farid und die unglaubliche Sehnsucht danach, diese magische Welt endlich einmal mit eigenen Augen zu sehen, lassen Maggie einen folgenschweren Entschluss treffen: Sie wagt den verbotenen Schritt und liest sich zusammen mit Farid in die Tintenwelt.
Erzählt wird abwechselnd aus der realen Welt und der Tintenwelt. Der Fokus verlagert sich jedoch zunehmend in die verzauberte Welt von „Tintenherz“. Das Buch Tintenblut handelt grundsätzlich von der Macht der Literatur und davon, wie sie die Vorstellungen des Autors für die fleischlichen Personen wahr werden lässt. Dies gelingt ihm, indem er sie als reale Menschen in die Welt der Fantasie eintreten lässt. Wichtige Themen hierbei sind Freundschaft und Liebe, vor allem zwischen Maggie und ihrem Vater Mo, Farid und Staubfinger sowie Mortimer und Resa. Es geht um die Kunst des Bücherschreibens und darum, welche Wirkung Bücher auf den Menschen haben, der sie liest bzw. vorliest. Das wird dadurch verkörpert, dass Maggie, Mo, Darius und Orpheus Gegenstände und Personen sowohl aus Büchern heraus- als auch in sie hineinlesen können.
Ein weiteres Thema ist die Liebe zu Büchern, welche die Figuren Mo, Maggie, Elinor und Fenoglio verbindet. Hiermit ist jedoch nicht ausschließlich das Sammeln und „Verschlingen“ von Büchern gemeint, sondern auch die Auseinandersetzung mit den technischen Aspekten der Bücherherstellung. Durch Mos Arbeit als Buchbinder und dem Besuch bei dem Illuminator Bulbulus erhalten die Leser*innen zusätzlich einen Einblick in den aufwändigen Entstehungsprozess handgefertigter Bücher.
Sowohl die ansprechenden, von Cornelia Funke selbst angefertigten Illustrationen als auch die im Buch beigefügte Karte der Tintenwelt laden Leser*innen aller Altersklassen dazu ein, sich durch den Roman Tintenblut selbst auf die spannende Reise in die verzauberte Tintenwelt zu begeben.
Lena Edler
Bildquelle: https://www.oetinger.de/buch/tintenwelt-2-tintenblut/9783791504674#gallery
Fynn
Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna
Bern, München, Wien: Scherz 1998
155 Seiten
Der Autor des Buches „Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna“ nennt sich „Fynn“. Neben Anna spielt er eine sehr wichtige Rolle. Er ist nicht nur der Erzähler, sondern auch jene Figur, die mit der Protagonistin Anna, einem fünf Jahre alten Mädchen, für dreieinhalb Jahre sein Leben verbringt. Der Autor und Erzähler Fynn erzählt von seinen eigenen Erlebnissen. Fynn ist nicht sein richtiger Name, er wird aber von allen so genannt.
Eines Nachts trifft Fynn auf der Straße ein schmutziges Mädchen mit einer Puppe im Arm. Sie heißt Anna. Es stellt sich heraus, dass Anna von zu Hause weggelaufen ist und nicht mehr zurück möchte, weshalb Fynn beschließt, sie zu sich zu nehmen. Von da an beginnt die gemeinsame Geschichte von Anna und Fynn. Anna verbringt etwa dreieinhalb Jahre bei Fynn, in denen eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden entsteht. Anna ist intelligent und begabt, denkt über das Leben, die Welt und vor allem über Gott nach. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass Anna eine tiefe Beziehung zu Gott hat, welchen sie „Mister Gott“ nennt. Sie spricht regelmäßig mit ihm und ist sich sicher, dass er sie über alles liebt. Gemeinsam mit Fynn macht Anna viele Entdeckungen in Physik, Mathematik oder der Sprache. Diese Entdeckungen überträgt sie auf „Mister Gott“ und erklärt anhand ihrer Entdeckungen sein Wesen und ihr Gottesverständnis. Ihren achten Geburtstag darf Anna leider nicht mehr erleben: Sie stirbt bei einem Unfall. Doch sie ist sich sicher, dass „Mister Gott“ sie nun bei sich in den Himmel aufnimmt und stirbt mit einem Lächeln.
In jedem der 27 Kapitel bekommen die Leser:innen die Möglichkeit, in Annas Welt und ihre einzutauchen. Dies gelingt besonders dadurch, dass viel mit wörtlicher Rede erzählt wird. Da das Buch durch Annas tiefe Beziehung zu Gott viele religiöse Themen aufgreift, ist es durchaus auch für den Religionsunterricht geeignet.
Das Buch über Anna ist also ein Buch für Jung und Alt und lädt den Leser dazu ein, sich mit sich selbst und seinem Verständnis gegenüber seinen Mitmenschen, der Welt und vor allem zu Gott auseinanderzusetzen.
Anna Weishaupt
Osborne, Mary Pope
Das magische Baumhaus – Gefahr am Amazonas
Bindlach: Loewe 2001
90 Seiten
ab 8 Jahren
In dem Buch „Gefahr am Amazonas“ aus der Reihe „Das magische Baumhaus“ von Mary Pope Osborne, geht es um die zwei Geschwister Anne und Philipp, die mithilfe eines magischen Baumhauses durch Raum und Zeit reisen können. In diesem Band reisen die beiden in den Regenwald zum Amazonas, um dort nach einem magischen Gegenstand zu suchen, mit dem sie die Zauberin Morgan befreien können. Auf der Suche entdecken sie die verschiedensten Tiere des Regenwaldes, stellen sich plötzlich auftauchenden Gefahren und überwinden ihre Ängste.
Das Buch wurde sprachlich altersgemäß verfasst und wirkt durch den Einsatz von wörtlicher Rede lebendig. In den Text wurden kleine Passagen von Daten zum Thema Regenwald integriert. Dadurch baut das Buch einen Realitätsbezug auf. Strukturell ist es in kurze Kapitel unterteilt, der wird Text durch Schwarz-Weiß-Illustrationen angereichert und gegen Ende gibt es einen kurzen Rückblick, der die wichtigsten Momente der Geschichte rekapituliert.
Marlene Leuser, Sara Marie Moschner und Jonas Schoepe
Bildquelle: https://www.loewe-verlag.de/titel-0-0/das_magische_baumhaus_band_6_gefahr_am_amazonas-3951/
Iwasa, Megumi/Mühle, Jörg
Viele Grüße, Deine Giraffe
Frankfurt am Main: Moritz 2017
108 Seiten
ab 6 Jahren
„Viele Grüße, Deine Giraffe“ von der japanischen Autorin Megumi Iwasa und dem Illustrator Jörg Mühle erzählt eine Geschichte einer ungewöhnlichen Brieffreundschaft zwischen einer Giraffe und einem Pinguin.
Giraffe lebt in der südafrikanischen Savanne, dort geht es ihr eigentlich sehr gut, doch sie hegt den Wunsch nach einem Freund und weniger Langweile.
Eines Tages hat sie die Idee, einen Brief an das andere Ende des Horizonts zu schicken und dort vielleicht einen Freund zu finden. Pelikan ist genauso gelangweilt wie Giraffe, deshalb hat er einen Postdienst eröffnet und der Brief findet seinen Weg bis hinter den Horizont, in die weit entfernte Walsee, wo Pinguin den Brief erhält. Es entsteht eine Brieffreundschaft zwischen Giraffe und Pinguin. Nach einiger Zeit beschließt Giraffe, ihren Brieffreund zu besuchen, und zwar als Pinguin verkleidet. Doch kann dieses Vorhaben von Giraffe wirklich klappen?
Megumi Iwasa gelingt ein wunderbarer Tierroman, der kindgerecht die Brieffreundschaft der beiden Tiere beschreibt. Die Briefe sind handschriftlich verfasst, was die Briefe real wirken lässt. Die lebendigen Illustrationen verleihen der Freundschaftsgeschichte der beiden Tiere zusätzlichen Charme.
Daniela Karl
Bildquelle: https://www.moritzverlag.de/out/pictures/master/product/1/cover_iwasagiraffedjlp.jpg
Baltscheit, Martin
Der kleine Herr Paul macht Ferien
Leipzig, München: Altberliner Verlag 2004
75 Seiten
Der kleine Herr Paul ist ein selbsternannter „Bücherwurm“, der seine Freizeit am liebsten in seinem Sessel mit Lesen verbringt. Dennoch erlebt er nicht nur in den Büchern immer wieder fantastische Geschichten, sondern auch sein Alltag wird regelmäßig zu einem überraschenden Abenteuer.
So lässt er beispielsweise an einem unscheinbaren Sommersonntag buchstäblich die Sonne in seine Wohnung hinein, woraufhin er Zeuge eines spektakulären Schauspiels wird. Während eines Spaziergangs trifft der kleine Herr Paul auf einen mysteriösen Händler, welcher die ungewöhnlichsten Dinge zum Tausch anbietet. Dadurch hat er die Idee einen Teil seiner Büchersammlung auf einem Trödelmarkt zu verkaufen, um Geld für seinen Urlaub am Strand zu verdienen. In diesem Urlaub erlebt er weitere Abenteuer, die er am Ende des Sommers auf einem Nachbarschaftsfest Revue passieren lässt.
Beim Lesen des Buches werden die Leser:innen immer wieder aus zunächst ganz alltäglich erscheinenden Situationen in skurrile Abenteuer entführt. Begleitet werden diese Abenteuer von verschiedenen philosophischen Themen wie beispielsweise der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit. Trotz der Abstraktheit dieser inhaltlichen Gegenstände werden diese in kindgerechter Sprache dargestellt und durch ansprechende Illustrationen gestützt. Die Unvoreingenommenheit, mit der der kleine Herr Paul seine Abenteuer erlebt, lässt sowohl Kinder als auch Erwachsene schmunzeln.
Paul Berg und Nils Börsig
Palacio, Raquel J.
Wunder
München: dtv 2015
448 Seiten
ab 11 Jahren
Seine Mama nannte es ein Wunder – ein Wunder, dass August es ins Leben geschafft hat. Dafür war und ist sie unendlich dankbar. Sie erzählte ihm, dass ihr als Erstes seine schönen Augen aufgefallen waren. Andere bezeichneten ihn als Missgeburt …
Denn der zehnjährige August ist anders. Durch einen Gendefekt ist sein Gesicht entstellt. Fremde reagieren unsicher oder sogar mit Abscheu, Angst und Ablehnung auf ihn. Dabei ist August, wenn man ihn kennenlernt, gar nicht so verschieden von den anderen Jungen in seinem Alter. Er liebt Ballspiele, fährt Fahrrad, mag Star Wars und besitzt eine Xbox. August lebt mit seinen Eltern, seiner Schwester Via und seinem Hund Daisy in einem Vorort New Yorks. Bisher hat seine Mutter ihn zu Hause unterrichtet. Aber jetzt steht August vor der größten Herausforderung seines bisherigen Lebens! Er soll ab der fünften Klasse auf eine öffentliche Schule gehen. August muss sich fortan den Vorurteilen und der Ablehnung seiner Mitschüler:innen stellen, schafft es aber allen Widrigkeiten zum Trotz, von den anderen allmählich akzeptiert zu werden, Freundschaften zu schließen und seinen Platz in der Schulgemeinschaft zu finden.
Die Autorin vermittelt die Ereignisse des Schuljahres wie die Halloween-Party, die Theateraufführung der Schwester und Augusts Klassenfahrt aus unterschiedlichen Perspektiven. So wird das Geschehen aus der Sicht von August, seinen neu gewonnenen Freunden Summer und Jack, seiner Schwester Via und deren Freund Justin, sowie Vias ehemaliger Schulfreundin Miranda geschildert. Dadurch gewinnen Leser:innen nicht nur Einblick in Augusts Empfinden, wenn er sich mit den Vorurteilen und der Ablehnung der anderen aufgrund seines entstellten Gesichts konfrontiert sieht; sie erleben auch die Sorgen, Ängste und die Entschlossenheit in Augusts Umfeld.
Das Buch spricht Themen wie Freundschaft, Toleranz, Respekt, Ausgrenzung und Mobbing an und zeigt Möglichkeiten für ein positives Miteinander und einen wertschätzenden Umgang auf. Trotz vieler schwieriger Themen hat das Buch einen optimistischen und warmherzigen Grundton. Der Schluss des 2014 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Buch wirkt ermutigend.
Joana Lingnau und Ellen Weber
Bildquelle: https://assets.dtv.de/media/5a/9f/73/1647865008/9783423625890__COVER_2D.jpg
Maar, Paul
Die Eisenbahn-Oma
Hamburg: Friedrich Oetinger 1993
61 Seiten
ab 5 Jahren
Das Buch „Die Eisenbahn-Oma“ von Paul Maar handelt von dem Jungen Ulli, der zum ersten Mal allein in den Schulferien mit dem Zug verreist, um seine Verwandten zu besuchen. Die Suche nach einem Abteil mit Leuten, die ebenfalls von Stuttgart nach München möchten, stellt sich als schwieriger heraus als gedacht. Im ersten Abteil sitzt eine alte Dame, die zwar nach München fährt, aber Ulli zu langweilig erscheint. Im nächsten Abteil sitzt ein rauchender Mann. Das nett aussehende Pärchen fährt nur bis Ulm. Und im letzten Abteil ist eine Familie, die leider kein Deutsch versteht. Allerdings wäre Ulli gerne bei der Familie mitgefahren. Schließlich möchte Ullis Mutter, dass er sich in das Abteil mit der alten Dame setzt. Während der Zugfahrt hilft ihm die alte Dame bei der Fahrkartenkontrolle. Sie scheint doch nicht so langweilig zu sein, wie Ulli voreilig geurteilt hatte, denn sie begeistert ihn mit ihren Geschichten aus der Kindheit. Die Geschichten reichen über kleine Streiche, die sie mit ihren Geschwistern den Dorfmitbewohnern gespielt hat, zu ausgedachten G-Sätzen und Gedichten. Die sogenannten G-Sätze sind Sätze, die ausschließlich den Anfangsbuchstaben G haben dürfen, wie z. B. „große gelbe Giraffen gucken gewöhnlich ganz glücklich“ (Maar 1993, 47).
Die Geschichte greift zum einen die erste alleinige Reise auf, die für Kinder mit viel Aufregung verbunden ist. Zum anderen wird darauf eingegangen, wie Menschen durch Vorurteile auf ihr Äußeres reduziert werden – ein zeitloses Thema in unserer Gesellschaft.
Maria Böhlen