Manche Kinder haben das Potenzial für eine höhere Schulbildung, brauchen aber noch etwas Unterstützung, um es voll zu entfalten. Genau hier setzt das Projekt WEICHENSTELLUNG für Viertklässler an der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH) an. In acht Jahren wurden 189 Schülerinnen und Schüler in der Region Oberschwaben beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule begleitet. Am 01.10.2022 starten die nächsten Jahrgänge an je zwei Grundschulen in Ravensburg und Laupheim. 19 Viertklässler*innen werden neu in das Projekt aufgenommen.
Die Kinder (Mentees) werden vom Beginn der vierten Klasse an bis zum siebten Schuljahr von speziell geschulten Studierenden der PH (Mentor*innen) sowohl in der Schule als auch außerhalb begleitet und in den Bereichen individuell gefördert, in denen sie es benötigen. Die Mentor*innen sind für sie als Ansprechpartner*innen in jeglicher Beziehung da. Neben der Unterstützung der Kinder im Hinblick auf die Schule organisieren sie auch außerschulische Exkursionen. Das Angebot ist vielfältig, die Studierenden gehen beispielweise gemeinsam mit ihren Mentees ins Theater, auf eine Stadttour oder in den Klettergarten.
Lea und Medine (Namen aus Gründen des Datenschutzes von der Redaktion geändert) besuchten im Schuljahr 2021/22 die fünfte Klasse eines Gymnasiums in Ravensburg. Im Mai erkundeten die beiden Elfjährigen gemeinsam mit ihrer Mentorin Sarah Höliner das Schulmuseum in Friedrichshafen. „Im Museum fand ich es spannend zu sehen, wie die Schule früher war”, meint Lea zu ihrer Exkursion und Medine ergänzt: „Ich fand‘s cool, dass wir mit einer Schreibmaschine und Feder schreiben konnten.” „Unsere Mentees machen im Rahmen der Exkursionen sehr vielfältige Erfahrungen. Damit gelingt es unseren Mentor*innen, Interesse an diesen Aktivitäten und ähnlichen Kulturangeboten zu wecken,“ meint Florian Ewald, Koordinator von WEICHENSTELLUNG in Baden-Württemberg.
Ziel von WEICHENSTELLUNG für Viertklässler ist es, den Übergang von der Grundschule auf eine weiterführende Schule so zu begleiten, dass er für die Kinder erfolgreich verläuft. Dabei will WEICHENSTELLUNG bspw. das Selbstvertrauen der Kinder in die eigenen Leistungen und den eingeschlagenen Bildungsweg stärken und so für mehr Chancengleichheit zu sorgen. WEICHENSTELLUNG für Viertklässler wurde zum Schuljahr 2014/15 ursprünglich im Stadtgebiet Biberach pilotiert. Prof. Dr. Bernd Reinhoffer, Prorektor für Studium und Lehre an der PH Weingarten entwickelte das ein Jahr zuvor in Hamburg durch die ZEIT-Stiftung gestartete Projekt gemeinsam mit der Karl Schlecht Stiftung sowie der ZEIT-Stiftung für Schulstandorte in Baden-Württemberg weiter. „Es ist schön zu sehen, wie die Schülerinnen und Schüler durch die Begleitung immer selbstständiger werden und ihren eigenen Weg gehen und wie die Studierenden durch diese Mentorenschaft wichtige professionelle Kompetenzen aufbauen!“, so Reinhoffer.
Dank einer großzügigen Anschubfinanzierung der Karl Schlecht Stiftung konnte WEICHENSTELLUNG für Viertklässler schnell umgesetzt werden. Die Stiftung übernahm die Kosten für die ersten drei Jahrgänge, und unterstützte das Projekt nach Ablauf des ursprünglich fünfjährigen Projektzeitraums für weitere zwei Jahre bis Juli 2021. In diesen sieben Jahren konnte ein starkes Netzwerk von Unterstützer*innen aus der Region geknüpft und so der Wunsch der Karl Schlecht Stiftung erfüllt werden, dass WEICHENSTELLUNG durch dieses regionale Netzwerk eigenständig fortgeführt wird. Vor Ort unterstützen die Bruno-Frey-Stiftung in Biberach, die Karl Jegg Stiftung in Laupheim und die Bürgerstiftung Weingarten. Weitere wichtige Partner sind die Waisenhausstiftung Siloah, die Mossakowski- und die Bürgerstiftung Kreis Ravensburg. Neben den Stiftungen arbeitet das Projekt eng mit den regionalen Bildungsbüros der Landkreise Biberach und Ravensburg zusammen. Viele Angebote des Kulturprogramms werden von den Bildungsbüros organisiert und angeboten.
„Wir freuen uns sehr, dass wir „WEICHENSTELLUNG für Viertklässler“ gemeinsam mit der ZEIT-Stiftung, der PH Weingarten und vielen weiteren starken Partner*innen so erfolgreich verstetigen konnten. Damit wird ein nachhaltiger Beitrag zur Persönlichkeitsbildung junger Menschen geleistet“, so Frank Henssler, Senior Referent Bildung der Karl Schlecht Stiftung.
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Text: Florian Ewald