Das Fach
Das Fach "Alevitische Religionslehre/Religionspädagogik" an der Pädagogischen Hochschule Weingarten bietet einen spezialisierten Erweiterungsstudiengang, der in reduzierter Form zusätzlich zu den Lehramtsstudiengängen belegt werden kann. Es richtet sich an Studierende der Grundschule und Sekundarstufe I, die ihre Kenntnisse in Alevitischer Theologie und Religionspädagogik vertiefen möchten. Der Studiengang ist auf 36 ECTS ausgelegt und ermöglicht eine fundierte Auseinandersetzung mit den religiösen und pädagogischen Aspekten des Alevitentums.
Unsere Lehrende & Forschende

Presse
Alevitische Delegation zu Gesprächen in Staatsministerium und Landtag
Land Baden-Württemberg, Meldung vom 16.02.2011
Staatsrätin Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn: Dialog mit islamischen Verbänden weiter stärken
„Baden-Württemberg macht derzeit große Fortschritte im Dialog mit den islamischen Verbänden. Es ist uns hierbei wichtig, die Anliegen verschiedener religiöser Minderheiten aufzunehmen und für deren Rechte im Rahmen unseres Grundgesetzes einzutreten“, erklärte die Staatsrätin für interkulturellen und interreligiösen Dialog sowie gesellschaftliche Werteentwicklung, Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn, am Dienstag (15. Februar 2011) anlässlich eines Gespräches mit Vertretern der alevitischen Religionsgemeinschaft in Stuttgart.
„Wir verstehen uns als deutsche Religionsgemeinschaft, zumal mehr als die Hälfte unserer Mitglieder bereits deutsche Staatsbürger geworden sind. Wir erkennen die Freiheitsrechte des Grundgesetzes dankbar an, betonen aber auch die eigene Verantwortung für unsere gemeinsame Gesellschaft. Wir treten daher aktiv für Gewaltlosigkeit, Rechtstreue sowie für Integration und Dialog aller Religionen ein“, sagte Ali Ertan Toprak, 2. Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde in Deutschland e.V. (AABF).
Ayhan Akpinar, Sekretär der AABF-Landesvertretung Baden-Württemberg, betonte die strukturellen „Hausaufgaben“ seines Verbandes: „Wir bauen derzeit unsere Jugendarbeit auf. Aber auch beim Thema ‚Frauen in Führungspositionen’ bleibt noch viel zu tun. Ein wichtiger Schritt ist die Etablierung rechtlich verfasster Landesverbände, die Dialog und Zusammenarbeit mit den Landesregierungen verbessern können. Dass wir bei Abgeordneten und der Regierung in Baden-Württemberg auf offene Türen und Ohren treffen, ermutigt uns dabei sehr.“
Ein zentrales Thema des Austausches zwischen Landesregierung und der AABF könnten daher zukünftig auch Fragen des Religionsunterrichtes und der wissenschaftlichen Forschungen zum Alevismus sein, betonte der AABF-Bildungsbeauftragte Ismail Kaplan: „Baden-Württemberg gehört zu den Ländern, die Modellversuche für eigenständigen, alevitischen Religionsunterricht zugelassen haben. Wir sind der Pädagogischen Hochschule Weingarten für ihr aktives Engagement im Bereich der Ausbildung alevitischer Lehrerinnen und Lehrer dankbar und wollen die Zusammenarbeit ausbauen. Auch viele Bundespolitiker stimmen uns in der Einschätzung zu, dass es mittelfristig in Deutschland auch einen Lehrstuhl an einer Universität geben sollte, in dem die Geschichte und Theologie des Alevismus erforscht und gelehrt werden kann. Baden-Württemberg verfügt über lebendige christliche Theologien, eine Hochschule für jüdische Studien und bald auch ein Zentrum für Islamische Studien. Baden-Württemberg könnte ein hervorragender Standort für einen solchen Lehrstuhl sein.“
Staatsrätin Ammicht Quinn nahm die Ideen und Anregungen der Delegation gerne auf. „Wir sollten uns Schritt für Schritt an die Arbeit machen - es gibt hier auf allen Seiten noch viel zu tun. Wenn die Anerkennung und Integration der alevitischen Religionsgemeinschaft weiter Fortschritte macht, dient dies der Gesellschaft insgesamt und hat auch Vorbildfunktion“, so die Staatsrätin.
Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg
Erste Wissenschaftsstelle für “Alevitentum” an deutscher Hochschule eingerichtet
Erschienen am 31.Oktober 2013
"Seit dem Sommersemester 2011 können PädagogInnen den Erweiterungsstudien¬gang “Alevitische Religionslehre/-pädagogik” an der Pädagogischen Hochschule Weingarten belegen und sich auf die Unterrichtung alevitischer Religionslehre an Schulen vorbereiten.
Die Erteilung des alevitischen Religionsunterrichts (ARU) als reguläres Unterrichtsfach an staatlichen Schulen in Deutschland stellt für die AABF und ihre Mitglieder eine historische und gesellschaftspolitische Errungenschaft dar. Der ARU in deutscher Sprache wird mittlerweile an Grundschulen und weiterführenden Schulen in acht Bundesländern gelehrt. Bislang erteilen den Unterricht alevitische Lehrkräfte, die sich unter anderem auch an der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH Weingarten) weiterbildeten. Übergangsweise wurden diese Seminare von Lehrbeauftragten verschiedener deutscher Universitäten, wie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, der Ruhr-Universität Bochum, der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg sowie BildungsvertreterInnen der AABF gehalten.
Nun gibt es einen offiziellen Erweiterungsstudiengang für die Ausbildung von ARU-LehrerInnen. Als Dozenten gewann die Hochschule dafür den Islam- und Sprachwissenschaftler Dr. Hüseyin Ağuiçenoğlu. Dr. Ağuiçenoğlu entstammt einer alevitischen geistlichen Familie und wurde 2010 an der Universität Bern im Bereich Middle Eastern Studies und Turkologie habilitiert. Seit Oktober 2011 arbeitet er an der Ruhr-Universität Bochum im Centrum für Religionswissenschaftliche Studien als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Darüber hinaus forscht er an der Universität Heidelberg im Fachbereich Islamwissenschaft und Iranistik...."
Den gesamten Artikel finden Sie unter: http://alevi.com/de/erste-wissenschaftsstelle-fur-alevitentum-an-deutscher-hochschule-eingerichtet/
Feierstunde im Musiksaal: Als erste Schule im Kreis bietet die Goetheschule alevitischen Religionsunterricht an
An der Goetheschule erlernen jetzt 14 Jungen und Mädchen in deutscher Sprache die Grundbegriffe ihrer angestammten Religion
Als erste Schule im Kreis bietet die Asperger Goetheschule seit diesem Schuljahr alevitischen Religionsunterricht an. 14 Erstbis Viertklässler – darunter drei von der Hölderlinschule – lernen jeden Mittwoch in deutscher Sprache die Grundbegriffe des Alevitentums kennen. Erstmals Religionsunterricht für alevitische Kinder
Derya Kurt lernte als Kind nicht viel über ihre alevitische Religion. Religionsunterricht gab es für sie nicht – und ihre Eltern hatten wenig Zeit. Außerdem haben sich die mittlerweile rund 70 000 baden- württembergischen Aleviten zumeist erst in den 1990er Jahren organisiert – nach dem schweren, antialevitischen Pogrom von 1993 in der Türkei, als zahlreiche alevitische Künstler und Intellektuelle einem Brandanschlag zum Opfer fielen. In ihrem Herkunftsland, der vom sunnitischen Islam geprägten Türkei, werden die Aleviten nach wie vor diskriminiert. In Asperg kann Derya Kurt nun die alevitische Religionslehre unterrichten – für die Aleviten im Kreis Ludwigsburg ein historischer Schritt, wie deren Vorsitzender Hasan Cicek jetzt bei einer Feierstunde im Musiksaal der Goetheschule sagte. Auch Rektorin Regina Berg und Gabriele Traub, die Leiterin des Staatlichen Schulamts Ludwigsburg, betonten die Bedeutung des Religionsunterrichts für die Identitätsbildung und Werteorientierung junger Menschen, die so leichter zu Toleranz und Integration fänden. Zu den Gratulanten zählten ferner Aspergs Erster Beigeordneter Manfred Linder und Yonca Yazici vom Staatsministerium.
Was für den Kreis Ludwigsburg noch eine Art Pilotprojekt ist, dem bald drei weitere alevitische Klassen in Ludwigsburg folgen sollen, ist in anderen europäischen Ländern und einigen anderen Bundesländern schon erfolgreich erprobt worden – und auch in Baden-Württemberg bieten mittlerweile 30 staatliche Schulen alevitischen Religionsunterricht an. Gehalten wird er durchweg auf Deutsch und von (derzeit erst 13) Lehrkräften mit staatlicher Qualifikation und Lehrbefugnis. Derya Kurt etwa ist im Hauptberuf Lehrerin an einem kaufmännischen Berufskolleg in Waiblingen, mittwochs unterrichtet sie die Asperger Grundschüler – und so manches Wochenende verbringt sie zusätzlich an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, um sich dort in der alevitischen Religionspädagogik weiterzubilden. An der oberschwäbischen PH ist derzeit die Ausbildung der alevitischen Religionslehrer im Südwesten konzentriert, die vom Landesverband der alevitischen Gemeinden mitfinanziert wird. Der wünscht sich, dass die Kosten der in kompakten Wochenendseminaren organisierten Ausbildung eines Tages möglichst voll vom Land übernommen werden. Doch dass ihre Religion jetzt erstmals an einer öffentlichen Schule im Kreis gelehrt wird, ist für die hiesigen Aleviten ein großer Schritt: „Ich bin begeistert, dass ich hier unterrichten darf“, sagt Derya Kurt. Ihr Strahlen lässt keinen Zweifel daran zu.
Die Aleviten
Das Alevitentum wird im Allgemeinen als eigenständig ausgeformte Abspaltung des schiitischen Islam betrachtet, mit dem es die Verehrung des Kalifen Ali und der zwölf Imame teilt. Allerdings hat das Alevitentum auch Elemente des Sufismus und anderer, vor allem mesopotamischer Religionen aufgenommen. In der Türkei, aus der 95 Prozent der in Deutschland lebenden Aleviten stammen, soll es heute über 20 Millionen Anhänger dieses Glaubens geben. Offizielle Zahlen über die Stärke dieser diskriminierten Minderheit existieren jedoch nicht. In Deutschland gibt es mittlerweile rund 500 000 Aleviten. (pro)
(Text: Steffen Pross, (Ludwigsburger Kreiszeitung vom 11.11.11, Seite 13)