Dazu wurde eine Theorie mittlerer Breite zum multidisziplinären Lernen mit Fokus auf den Geschichtsunterricht entwickelt. In der Wissenschaft wird Fachlichkeit nicht nur mono-, sondern auch multidisziplinär verhandelt. Die wissenschaftstheoretischen Strukturierungen der Viel-, Pluri-, Inter- und vor allem Transdisziplinarität wurden dabei für die Fachdidaktik als unterrichtsmethodische Strukturierungskonzepte konzipiert.
Curriculaanalysen zu allen Schulformen, Schultypen und Schulstufen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol erheben den Stand real existierender Schulfachkonstruktionen, die die Domäne des Historischen Lernens beinhalten. Für Deutschland ergab die Konsultation der Curricula eine Synopsis, in der man zehn unterschiedliche Integrationsgrade von fächerintegrativen Ansätzen unter der Berücksichtigung der Domäne des Historischen Lernens nachweisen kann. Fächeraddition existiert dabei unter dem Deckmantel der Fächerintegration.
Als Beitrag zur Pragmatik des (Geschichts-)Unterrichts werden theoriebasierte transdisziplinäre Lehr-Lern-Settings modelliert. An komplexen, multikausalen und besonders kontroversen Themen wie etwa dem Nahostkonflikt oder den Transformationsprozessen nach 1989 wird dabei erläutert, dass vor allem Fachgrenzen den multidisziplinären Ansatz zur Beantwortung (historischer) Fragen geradezu erzwingen. Es wird aber auch anhand von Theorien, Methoden oder Modellen unterschiedlicher Fächer, von Schlüsselproblemen oder (didaktischen) (Unterrichts-)Prinzipien beschrieben und erörtert, dass die bildungspolitischen Forderungen und curricularen Setzungen nach (mehr) Vernetzung, Verknüpfung und Verzahnung von Schulfächern durch den multidisziplinären Ansatz ermöglicht werden. Im Fokus stehen dabei Möglichkeiten und Chancen von Transdisziplinarität, die den Weg in die Praxis weisen. Sie werden sowohl an „klassischen“ Themen des Geschichtsunterrichts als auch aus der Perspektive anderer Schulfächer erklärt und erläutert.
Da bislang keine theoretisch fundierte und allgemein akzeptierte Konzeption einer Didaktik der Gesellschaftswissenschaften vorliegt, versteht sich die Dissertation von Dr. Alfred Germ daher aus der Perspektive des Historischen Lernens als weiterer Baustein einer Geschichtsmethodik, die sich an den elaborierten Konzepten der Geschichtsdidaktik orientiert. Insgesamt leistet dieser Baustein einer transdisziplinären Geschichtsdidaktik einen konzeptionellen Beitrag vor allem für jene Lehrenden, die in der Planung und Durchführung von fachfremdem Unterricht angehalten sind, mehrere fachliche Perspektiven aufeinander beziehen zu müssen. Multidisziplinäres Lernen setzt dabei selbstverständlich weiterhin die Fachlichkeit voraus, sodass zwischen Fachlichkeit und Fächerintegration kein Widerspruch bestehen muss.